Essen. . Vor der Stichwahl beeilen sich die großen Parteien und der OB der Evag zu versichern, dass es keine weiteren massiven Einsparungen geben werde.

Noch ist die Oberbürgermeister-Wahl nicht endgültig entschieden, da verschwindet ein brisantes Thema bereits wieder in der Schublade. Von massiven Einsparungen beim öffentlichen Nahverkehr ist erst einmal keine Rede mehr. Vertreter von SPD und CDU sprachen sich gestern im Lenkungsausschuss ÖPNV gemeinsam mit Grünen und Linken gegen drohende Kürzungen bei Bus und Bahn aus. Nahezu zeitgleich veröffentlichte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi einen Brief von Oberbürgermeister Reinhard Paß (SPD) in dem dieser erklärt: „Auch in Zeiten knapper Kassen ist eine Reduzierung des Nahverkehrsangebotes für mich nicht verhandelbar.“

Es sei dahingestellt, ob Stadtdirektor Hans-Jürgen Best über diese Haltung seines Dienstherrn informiert war, als er im Lenkungsausschuss dafür warb, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das mehrere Szenarien zur Zukunft des Essener Personennahverkehrs untersuchen möge. Dazu zählen ein Ausbau des Angebots der Evag, aber auch drastische Kürzungen des städtischen Verlustausgleiches von derzeit 67 Millionen Euro auf 57 und gar nur noch 47 Millionen pro Jahr. „Man muss das mal in verschiedene Richtungen denken“, so Best. Angesichts der finanziellen Schieflage der städtischen Holding EVV dürften Kürzungen als das realistischer Szenario gelten.

Über Ausweitung des Angebots nachdenken

Doch zu solchen Gedankenspiele ist die Politik anscheinend nicht bereit - jedenfalls nicht so kurz vor der OB-Stichwahl. Statt über Kürzungen, sei es angesagt über eine Ausweitung des Angebotes nachzudenken. Das Beibehalten des Status Quo müsse Minimalziel sein, hieß es. Das Geld für Gutachten wird sich die Stadt also vorerst sparen können. Wie sie den Nahverkehr aber künftig finanzieren will — darauf blieb die Politik die Antwort auch gestern schuldig.

Zufrieden meldete Verdi jedenfalls, der OB sei gegen eine „Privatisierung“ der Evag. Von Privatisierung hatte der OB allerdings ohnehin nie geredet, lediglich im Wahlkampf gesagt, man solle doch auch „Angebote von Privaten prüfen“, wenn es um ein bezahlbares Mehr an ÖPNV-Leistungen gehe. Offenbar sah sich Paß aber genötigt mit dem Schreiben an die Gewerkschaft ein missverständliches Wort geradezurücken, das vor der Stichwahl stören könnte.