Essen. . Ein Essener möchte eine Souterrainwohnung mit Gartenzugang an eine Flüchtlingsfamilie vermieten. Das Amt stört sich an Schnitt und Größe der Wohnung.

Auf sein Haus in Kettwig kann Gerhard Pühl-Massing stolz sein: Den schlichten Bungalow, in dem er aufwuchs, ließ er zum schicken Doppelhaus ausbauen, das schon mal beim Tag der Architektur bestaunt wird. Eine Haushälfte hat er vermietet, die andere bewohnt er selbst, die kleine Souterrain-Wohnung dort steht bisher leer. „Nun dachte ich, da könnte eine Flüchtlingsfamilie einziehen. Aber die Reaktion der Stadt war eher kühl.“

Immerhin hebt das Schreiben vom Amt für Soziales und Wohnen freundlich mit einem „Vielen Dank für Ihr Angebot“ an, doch dann wird es schnell formal: „Hiermit möchte ich Sie über die Voraussetzungen informieren, die für die Anmietung einer Wohnung durch die Stadt Essen vorliegen müssen.“ Dazu zählen ein Elektrik-Check, ein Energieausweis und Unterlagen über die Betriebskosten. In einer Anlage wird u.a. aufgelistet, dass Kabel- und Satellitenanschluss zu den erwarteten Standards gehören ebenso wie frisch gestrichene Decken – und: „Keller oder Dachboden sollten vorhanden sein“.

Schreiben der Stadt: 50 Quadratmeter für eine Person gefordert

Eine zweite Anlage führt die angemessene Wohnungsgröße für ein bis fünf Personen und die dazugehörigen Mietpreise auf. „Ich war schon ein wenig baff, dass für eine Person 50 Quadratmeter gefordert werden und für vier Personen sogar 95“, sagt Pühl-Massing. Seine Frau habe eine 77 qm-Wohnung an eine irakische Familie mit zwei kleinen Kindern (6 und 8 Jahre) vermietet, „die damit sehr zufrieden sind“.

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Er hatte sich daher vorgestellt, auch in seiner Souterrain-Wohnung eine kleine Familie aufnehmen zu können. Es gebe zwar nur einen Raum, doch ein Kinderbett könne man vielleicht im Korridor unterbringen. Mit 50 qm sei die Wohnung nicht winzig, auch biete sie einen Blick ins Grüne und die Mitnutzung des Gartens. Nebenan wohnen zwei Kinder, und Pühl-Massing hatte sich gedacht, die Familie gelegentlich mit in die Innenstadt zu nehmen oder bei Behördengängen zu begleiten. Nach solcher Willkommenskultur habe das Amt gar nicht erst gefragt.

Energieausweis ist nicht mehr nötig

Als er in der WAZ las, dass auch andere Vermieter an derlei Formalitäten verzweifeln, meldete sich Pühl-Massing bei uns: Er verstehe die Stadt nicht und finde solchen „Behördenmief“ abschreckend. „Herr Pühl-Massing hat leider eine Standard-E-Mail bekommen. So ein Schreiben sollte service-orientierter und kundenfreundlicher formuliert sein“, räumt Hartmut Peltz ein, der das Amt für Soziales und Wohnen leitet. Auch sei der Anhang mit den angemessenen Wohngrößen missverständlich: 95 qm seien nicht Mindest-, sondern Höchstgrenze für vier Personen. Und schließlich habe die Stadt jetzt beschlossen, auf die Vorlage des Energieausweises zu verzichten.

Flüchtlinge in Deutschland„Ich bin jedoch weiter skeptisch, ob man eine Familie in einem Raum unterbringen kann. Die von uns gemieteten Wohnungen sollen ja nicht die Alternative zum Zelt sein. Es geht hier um den Schritt von der Unterkunft in ein selbstständiges Leben, in dem sich die Familie entfalten kann.“ Wie weit das in der Gartenwohnung in Kettwig möglich ist, könne man erst nach einer Besichtigung sagen. Eins aber ist Hartmut Peltz klar: „Das Kontingent an Wohnungen, die ordentlich und bezahlbar sind, ist natürlich endlich. Und Flüchtlinge stehen auf diesem Markt in Konkurrenz zu vielen anderen Familien mit wenig Geld.“