Essen. Die Stadt beklagt, dass einige Vermieter jetzt Schrottimmobilien anbieten. Ein Eigentümer kritisiert dagegen, das zuständige Amt prüfe zu kleinlich.
Die Stadt arbeitet mit Hochdruck daran, Flüchtlinge in Privatwohnungen zu vermitteln. Doch mitunter werden ihr Immobilien angeboten, die bestenfalls noch Schrottwert haben. Umgekehrt kritisieren manche Vermieter „kleinliche Vorgaben“ der Behörde.
Es ist ein mühsames Geschäft: 2500 Menschen leben derzeit in städtischen Asylheimen, ganze 357 sind bisher in diesem Jahr mit Unterstützung der Stadt in 126 Wohnungen umgezogen. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 464 Flüchtlinge, 2013 nur 136. Der Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen, Hartmut Peltz, sieht die weitere Entwicklung vorsichtig optimistisch: „Bis zum Jahresende werden wir das selbstgesteckte Ziel von 800 Personen übertreffen.“
Eigentümergemeinschaft würde gerne helfen
Immerhin sei die für die Wohnungsakquise zuständige Abteilung von drei auf sechs Mitarbeiter aufgestockt worden. Sie nehmen Angebote von Vermietern an, besichtigen Wohnungen – prüfen Formalien. Über die aber hat sich Frank Schnitzler (Name geändert) geärgert, als er der Stadt jetzt eine 44 Quadratmeter große Wohnung im Hörsterfeld anbot. „Als erstes wurde ich nach Energieausweis, Elektrogutachten und anderen Details gefragt.“ Als er gesagt habe, die Wohnung sei tapeziert, habe man ihn ermahnt: „Wenn die Tapeten nicht okay sind, können Sie die erstmal abreißen.“
Schnitzler hat Verständnis, dass die Stadt abklopfen muss, was ihr angeboten wird. Doch angesichts der akuten Notlage mit Zeltstädten seien die Richtlinien vielleicht arg kleinlich. Er wünsche sich, dass hier auch weiche Faktoren zählen: „Meine Wohnung ist gepflegt, vor dem Haus liegt ein Spielplatz, die Eigentümergemeinschaft ist christlich eingestellt. Die möchten einer Flüchtlingsfamilie helfen, ihr die Integration erleichtern.“ Obwohl er nur ein Zimmer biete, würde er daher gern an eine Familie vermieten. Das Sozialamt habe ihm indes einen männlichen Einzelmieter in Aussicht gestellt. „Der würde vom Lebensstil her womöglich weniger gut zur Hausgemeinschaft passen.“
Vorlage des Energieausweises wird geprüft
Hartmut Peltz möchte im konkreten Fall nicht vorgreifen: Der Besichtigungstermin in Schnitzlers Wohnung stehe noch aus. „Wir geben keine Mindest-Quadratmeterzahl vor. Für etwas heikel halte ich eher, eine Familie in nur einem Raum unterzubringen.“ Ganz ausschließen wolle er das nicht; alleinstehende Flüchtlinge müssten sich ja auch mal mit 20 Quadratmetern begnügen. Was das Elektro-Gutachten betrifft, handele es sich keinesfalls um eine Kleinigkeit; es gehe um die Sicherheit der elektrischen Anlagen und damit um den Brandschutz. „Ein Jahr lang mietet die Stadt die Wohnungen für die Flüchtlinge; als Vermieter tragen wir eine hohe Verantwortung.“ Man prüfe aber, ob man auf Vorlage des Energieausweises verzichte – obwohl der eine gesetzliche Vorgabe ist.
Mangelnde Energieeffizienz ist schließlich das geringste Problem, mit dem Peltz und seine Leute zu kämpfen haben. „Uns werden auch Immobilien angeboten, die eindeutig seit Jahren auf dem Mietmarkt nicht vermittelbar sind: die Fenster defekt, Löcher in der Decke, der Boden bucklig, die Wände schimmelig.“ Da kapituliere das Amt, das durchaus Schönheitsreparaturen und Anstriche übernimmt oder Rauchmelder anbringt. „Wir sind aber nicht bereit, Grundsanierungen zu machen.“
Vermieter will die Miete senken
Genauso wenig könne man den Flüchtlingen einen Umzug in solche Schrottimmobilien zumuten. „Bei einigen Vermietern herrscht Goldgräberstimmung“, sagt Peltz. „So werden uns vermehrt Häuser angeboten, die seit langem komplett leer stehen.“ Sofern diese Immobilien noch in akzeptablem Zustand sind, mietet die Stadt auch ganze Mehrfamilienhäuser an. Für so große Einheiten erarbeite man gerade mit Caritas und Diakoniewerk ein Betreuungskonzept.
Regelmäßig ablehnen müsse man zu teure Wohnungen, erklärt Peltz. „Es gelten die gleichen Mietobergrenzen wie für Hartz IV-Bezieher.“ Frank Schnitzler will seine Miete nun senken: „Ich würde die Wohnung günstiger vermieten als bisher.“