Essen. . Die Evag hat ein Inkasso-Unternehmen auf Kunden angesetzt, die abgelaufene Schoko- und Youngtickets nicht abgegeben haben. Das Mahnschreiben dafür haben die Kunden nie erhalten.
Eine folgenschwere Panne bei der Evag hat zahlreiche Inhaber von Schoko- und Youngtickets in Rage gebracht. Das Essener Verkehrsunternehmen hatte schon ein Inkasso-Unternehmen auf seine jungen Kunden angesetzt, um die abgelaufenen Chipkarten einzutreiben. Peinlich nur: Das dafür erforderliche Mahnschreiben haben die Kunden zuvor nie erhalten. „Erst als am Donnerstag die ersten Beschwerden bei uns aufliefen, sind wir auf das Versäumnis aufmerksam geworden“, sagte ein Evag-Sprecher. Und fügte entschuldigend hinzu: „Wir bedauern die Aufregung und den Schrecken, den wir bei unseren Kunden erzeugt haben.“
Am Freitagmorgen zog die Evag-Geschäftsführung die Notbremse und zeigte sich kulant. „Wir haben das Inkasso-Unternehmen beauftragt, die Inkasso-Forderungen zurückzunehmen und alle Betroffenen über diese Rücknahme in den nächsten Tagen schriftlich zu informieren“, heißt es in einer Stellungnahme. Wer die üppige Forderung von inzwischen rund 80 Euro bereits an die in Essen ansässige Firma „GFKL Sirius Inkasso“ gezahlt hat, wird gebeten, sich entweder beim Inkasso-Unternehmen oder bei der Evag-Hotline ( 826-1234 - ab Montag 9 Uhr) zu melden. Versprochen wird eine „unbürokratische Rückerstattung“.
Schulabgänger sind Hauptbetroffene
Betroffen von der Ticket-Affäre sind hauptsächlich Schulabgänger, die jetzt keinen Anspruch mehr auf die günstige Schülermonatskarte haben. In Essen handelt es sich um knapp 1000 Ticketbesitzer, hinzu kommen weitere 1200 junge Kunden der Verkehrsgesellschaften in Duisburg und Mülheim, die mit der Evag den Via-Verbund bilden.
Die Ticket-Inhaber sind im Juli aufgefordert worden, die am 31. Juli abgelaufene Chipkarte bis zum 5. August abzugeben. „Das hat meine Tochter verbaselt – ihr Fehler“, gesteht WAZ-Leserin Andrea Goschnick, die sich aber zugleich über die ihrer Ansicht nach „maßlos überzogene“ Reaktion der Evag ärgert. „Da wurde mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, sagt sie, „ich bin schockiert und unsäglich wütend.“
Die Bankkauffrau prangert nicht nur die „absurd kurzen Mahnfristen“ an, sie empört sich auch über das nassforsche Vorgehen der Inkasso-Firma. „Meiner Tochter wurde sogar ein Schufa-Eintrag angedroht.“ Drei Tage lang habe es wegen der Ticket-Affäre Stress in der Familie gegeben. „Das ist ein Unding, was sich die Stadttochter Evag da erlaubt, sie behandelt einen wie einen Verbrecher.“
Wut auf die Evag
Was exakt schief gelaufen ist, hat die Evag noch nicht ermitteln können. Fest stehe: Die Mahnschreiben existierten bei der Evag als Computerdateien und seien auch an die Hausdruckerei gegangen. „Ob sie komplett frankiert und versendet wurden, wissen wir zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht“, räumt der Evag-Sprecher ein. Dass der Mahnbrief beim Poststreik unter die Räder gekommen sein könnte, sei eine Spekulation.
In sozialen Medien und in Whats-app-Gruppen verbreitete sich die Wut auf die Evag seit Donnerstag in Windeseile. „Mein Sohn hat sein Ticket fünf Tage zu spät abgegeben,“ schreibt Nicol Röttges auf Facebook und kommentiert die 80-Euro-Inkasso-Forderung so: „Unfassbar, was da mit den Schülern abgezogen wird.“
Der Evag-Sprecher macht kein Hehl daraus, dass die Telefonleitungen am Donnerstag und Freitag vor lauter Beschwerden heiß liefen.