Essen. . Die privaten Ermittler bei den Entsorgungsbetrieben Essen haben ihren Abschlussbericht zur Affäre um Vorteilsnahme vorgelegt. Fragen wirft plötzlich auch der Neubau der EBE-Zentrale auf, denn der war teurer als es hätte sein müssen.

Wie tief ist der Sumpf bei den Entsorgungsbetrieben Essen (EBE)? Diese Frage drängt sich auf, denn plötzlich geht es nicht mehr allein um die Affäre um Vorteilsnahme und Vetternwirtschaft. Ins Zwielicht rückt auch der mehr als zehn Jahre zurückliegende Neubau des EBE-Betriebshofes an der Pferdebahnstraße.

Wie Wirtschaftsprüfer erst jetzt herausfanden, soll der damalige EBE-Chef Klaus Kunze bei der Finanzierung des mit 52,5 Millionen D-Mark veranschlagten Neubaus am Aufsichtsrat vorbei ein Modell gewählt haben, das mit hohen Risiken behaftet war. Statt den Bau über Bankkredite abzusichern, wie es der Aufsichtsrat eigentlich beschlossen hatte, bediente sich die EBE einer Kapital-Lebensversicherung und einer Unfallversicherung für Mitarbeiter. Weil die Zinsen sich aber nicht so entwickelten wie kalkuliert, zahlte die EBE 940 000 Euro drauf.

Was sagt die Staatsanwaltschaft?

Unbeantwortet bleibt die Frage, warum Kunze dieses Modell wählte und zu wessen Vorteil. Besagte Versicherung und ihr Makler vor Ort sollen bei der Stadt gut im Geschäft gewesen sein. Ironie der Geschichte: Beim selben Versicherer hatte die Stadt Kunzes „Manager-Haftpflichtversicherung“ abgeschlossen. Für den Schadensersatz, den die EBE Kunze gegenüber im Zuge der noch schwelenden Affäre geltend macht, dürfte diese aber wohl kaum aufkommen.

Was sagt die Staatsanwaltschaft? Sie soll sich mit dem Bau des Betriebshofes bereits bei ihren Ermittlungen gegen den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Vorsitzenden der SPD-Ratsfraktion, Willi Nowack, befasst haben. Die Akten erhielt die EBE jedenfalls erst kürzlich zurück. Die Vorgänge um den Neubau dürften inzwischen verjährt sein, die EBE-Affäre köchelt weiter.

Personalakte wurde allem Anschein nach mit Wissen Kunzes „frisiert“

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Während die Staatsanwaltschaft noch ermittelt, hat die EBE ihrerseits am Freitag mit Vorlage des Abschlussberichts des privaten Ermittlers Esecon Strategie einen vorläufigen Schlussstrich gezogen. Auf drei dünnen Seiten bekamen die Aufsichtsratsmitglieder zu lesen, was in der WAZ bereits stand: Die Personalakte des inzwischen ausgeschiedenen Betriebsratsvorsitzenden Thomas Altenbeck wurde allem Anschein nach mit Wissen Kunzes „frisiert“, um nachträglich zu rechtfertigen, dass Altenbeck in der Gehaltstabelle gleich mehrere Stufen hinauf gefallen war. Altenbeck hatte sein Salär bei der EBE mehr als verdoppelt.

Was die Ermittler sonst noch unterm Teppich hervorkehrten, bleibt im Ungefähren. Das reicht von der Unterschlagung von Kaffee und Süßigkeiten bis zu Scheinrechnungen von Dienstleistern, die Esecon dem „Netzwerk von Herrn Kunze“ zurechnet. Gab es ein Angebotskartell“ von Baufirmen, die ihre Preise für Aufträge der EBE abgesprochen haben? War Kunze daran beteiligt? Belege dafür fanden die Ermittler nicht, weitere Aufklärung sei geboten. Diese überlässt die EBE allein der Staatsanwaltschaft belaufen sich die Ausgaben für interne Ermittler, Anwälte und Wirtschaftsprüfer nach WAZ-Informationen doch inzwischen auf 1,7 Millionen Euro.