Essen. . Zwei pensionierte Lehrerinnen aus Kupferdreh helfen seit Jahren ehrenamtlich den Flüchtlingen in der Stadt. Ihre Erfahrungen helfen gegen Vorurteile.
Wer mehr als zwei Jahre ehrenamtlich Flüchtlingen in dieser Stadt geholfen hat, der hat einige schlüssige Antworten parat auf Fragen, die sich viele Bürger stellen. Die pensionierten Lehrerinnen Marion Masthoff und Manuela Jobst-Rausch engagieren sich in der ehemaligen Dilldorf-Schule – ihre Aktivitäten gehen weit über das hinaus, was mit Sprachkursen zu tun hat.
Flüchtlinge in DeutschlandDie Pension kam Mitte 2013, die Flüchtlinge waren sozusagen gerade in Kupferdreh angekommen, „da ging eins ins andere über“, erzählt Manuela Jobst-Rausch. Sie fragten den Leiter der Einrichtung: „Was können wir tun?“ Und der sagte: „Alles.“ So ging’s los mit Sprachspielen für die Kinder, bis heute gehen die Schwestern dienstags in die Dilldorf-Schule, zwischen sechs und 20 Kinder, die noch nicht in die Schule gehen, kommen dann.
Doch damit hört die Hilfe nicht auf. „Im Moment liest man immer von neuen Standorten, die gesucht und gefunden werden“, sagt Marion Masthoff, „und von der Frage, wie man die Leute unterbringen kann.“ Dabei: Wenn die Menschen dann erst mal da sind, fangen die richtigen Herausforderungen ja erst mal an. Zum Beispiel? Was tun die Menschen den ganzen Tag?
Kleidung muss gut erhalten sein
Was Marion Masthoff und Manuela Jobst-Rausch gelernt haben: Dass es keinesfalls dekadent ist, dass sich die Flüchtlinge von ihrem wenigen Geld sehr schnell ein Smartphone kaufen. „Das ist“, erklären die Frauen, „ihr einziger Draht zur alten Heimat. Man muss sich vorstellen, dass sie oft ihre gesamten Familien in unsicheren Gebieten zurückgelassen haben.“ Und so ist der Segen der neuen Technik auch zugleich ein Fluch: „Wir haben so oft erlebt, dass Video-Telefonie über Skype zwar den Kontakt zu den Zurückgebliebenen stärkt“, berichtet Marion Masthoff, „doch es hindert die Flüchtlinge manchmal auch, hier richtig anzukommen, denn die Begegnungen mit der Familie zu Hause sind oft aufwühlend und emotional belastend.“
Und wenn die Flüchtlinge dann die nötigen Papiere haben und eine Wohnung beziehen können, das Heim verlassen: „Dann ist wieder keinesfalls alles geklärt, dann gibt es erneut so viele neue Herausforderungen, bei denen Hilfe nötig ist“, berichten die Schwestern. Es sind nicht nur die Amtsgänge, die schwer zu verstehenden Formulare – nein, es fängt bei Möbeln an und hört bei Gardinen nicht auf. „Die kamen ja mit nichts, und nach außen hin nicht aufzufallen, zählt zu den wichtigsten Bedürfnissen von Flüchtlingen.“ Also: Gardinen. Preiswert – wo kriegt man die schnell her, zum Beispiel?
Immer wieder fühlen sich deutsche Bürger vor den Kopf gestoßen, wenn sie Kleiderspenden anbieten – und nicht die erwartete Dankbarkeit zurückbekommen: „Kleiderspenden sind so eine Sache“, erklärt Manuela Jobst-Rausch. „Einerseits sind sie nötig, andererseits wollen Flüchtlinge in der Öffentlichkeit nicht auffallen. Das heißt, die Sachen müssen wirklich gut erhalten und vor allem noch zeitgemäß sein.“ Und glaube keiner, dass die Menschen vom Balkan oder aus Syrien nicht wüssten, was im Westen gerade angesagt ist, die Mode betreffend. Heißt also: Seinen Dachboden zu entrümpeln und Opas alte Jackets an einem Flüchtlingsheim abzuliefern, ist womöglich gut gemeint, kann aber kontraproduktiv sein. „Auch das“, betonen die pensionierten Pädagoginnen, „hat nichts mit einem übersteigerten Anspruchsdenken zu tun.“