Essen. Das Universitäts-Klinikum hat eigene Klinik für Infektionskrankheiten eingerichtet. Denn selbst Grippe-Viren sind für Mediziner immer noch eine besondere Herausforderung.

Klinikdirektor Oliver Witzke steht vor einem der Isolationszimmer. Mit dem Zeigefinger deutet er auf die drei grünen Pfeile an der Tür: „Es gibt hier zwei Schleusen. Nur wenn alle Pfeile grün sind, öffnet sich die Tür.“ Hinter der ersten Schleuse lagert die Schutzkleidung: dunkelgrüner Kittel, Mundschutz, Haube. Die hohen Sicherheitsmaßnahmen haben einen besonderen Grund: Hier liegen schwerkranke Patienten mit Infektionskrankheiten.

Am Uni-Klinikum ist jetzt eine Klinik eigens für Infektionen eingerichtet worden. Denn Infektionen galten in Deutschland lange als medizinische Nebensache. „Man ging davon aus, dass sie ausgestorben sind“, erklärt Ulf Dittmer, der zusammen mit Oliver Witzke das Westdeutsche Zentrum für Infektiologie leitet. „Deshalb sind Patienten mit Infekten lange nicht ideal behandelt worden.“

Eine Million Euro hat das Universitätsklinikum investiert

Das soll sich mit der neuen Klinik ändern. Infekte drohen immer dann, wenn Patienten ein schwaches Immunsystem haben – das ist nicht nur bei der Krankheit Aids so, sondern grundsätzlich nach Transplantationen oder nach einer Chemotherapie. Hinzu kommen die speziellen Herausforderungen, die zum Beispiel Tropenkrankheiten mit sich bringen.

Eine Million Euro hat das Universitätsklinikum investiert. Nun kümmern sich neun Ärzte und 32 Pflegekräfte um die Patienten in den 30 Betten. „Ich sehe mich als Patientenbehandler“, sagt Oliver Witzke, der seit 20 Jahren am Uniklinikum praktiziert. „Wenn man professionelle Institute hat, können sich alle Mitarbeiter darauf konzentrieren.“ Die Kosten für das Personal sollen aus den Erlösen durch die Patientenbehandlung gedeckt werden.

Infektionskrankheiten seien gerade in Essen und im gesamten Ruhrgebiet ein hohes Risiko, so Jan Buer, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie: „Ganz viele Menschen auf ganz engem Raum und einen internationalen Flughafen in der Nähe.“

Großer Respekt vor dem Grippevirus Influenza

Dabei seien aber weniger die Exoten eine Gefahr, sondern vielmehr die sprichwörtlich „gute alte Grippe“. „Wir als Virologen haben großen Respekt vor dem Grippevirus Influenza – das Virus ist so variabel.“ Die Spitze der Herausforderungen sei aber Ebola. Dafür sei die Klinik nicht ausgerichtet, so der scheidende medizinische Direktor des Uni-Klinikums, Eckhard Nagel. Aber auch darunter gebe es viele weitere Schwierigkeiten, so wie antibiotikaresistente Keime.

Deshalb will die Klinik auch die Forschung und Lehre antreiben, um Infektionskrankheiten zu bekämpfen. „Infektiologie ist ein breites, interessantes Fach für Studenten“, sagt Oliver Witzke. Und er sieht die Klinik deshalb als Chance für angehende Ärzte: „Der Standort Essen kann hoffentlich dabei helfen, den Mangel an Infektiologen zu beheben.“

Und auch für die Klinik sei es ein Weg zurück zu den eigenen Wurzeln. Denn das heutige Universitätsklinikum war früher mal, als städtische Krankenanstalt, auch einmal eine Klinik für die Infektionskrankheit Syphilis.