Essen. Nach dem spektakulären Unfall auf der Bredeneyer Straße in Essen stellte die Polizei Teile eines dicken Astes sicher, der zwei Auto-Insassen verletzt hatte.

Der Tag danach. Polizeibeamte inspizieren am Dienstag den Unfallort auf der Bredeneyer Straße Höhe Weg zur Platte und entscheiden schließlich, das über Nacht liegengebliebene und wichtigste Beweisstück sicherzustellen – auch wenn es noch so schwer ist.

Ein mehrere Tonnen schwerer, 50 Zentimeter dicker und bis zu fünf Meter langer Ast einer Wald-Buche prallte am Montag auf einen Mercedes und drückte das Dach ein. Die junge Fahrerin, die gerade durch das idyllische Grün fuhr, konnte nicht mehr ausweichen, so schnell prallte der Ast auf die B224 und ihren Wagen.

Die 20-Jährige kam mit leichten Verletzungen davon und konnte inzwischen das Krankenhaus wieder verlassen. Ihre 53-jährige Begleiterin wird weiterhin stationär behandelt, ihre Verletzungen sind aber „nicht lebensbedrohlich“, berichtet Polizeisprecher Lars Lindemann.

Suche nach Eigentümer der Unglücks-Buche

Die Ermittlungen konzentrieren sich jetzt auf zwei Fragen: Wie konnte das passieren? Und vorab: Wem gehört überhaupt die Buche? Bis gestern herrschte darüber Unklarheit. „Der Baum liegt in einem Grenzbereich. Es kommen mehrere Eigentümer in Frage“, so Lindemann.

Ein Blick auf die Karte reicht da nicht. Der Landesbetrieb „Straßen NRW“ holt schon mal seine Messgeräte heraus. „Wir machen eine Grenzvermessung“, kündigte der Sprecher Stephan Lamprecht an. Entweder der Baum gehört zur Straßenbegleitfläche, für die die Landesbehörde zuständig ist – oder möglicherweise zur benachbarten privaten Waldfläche von Thyssen-Krupp.

Rechtlich ist die Lage einfach und verzwickt zugleich: Generell gilt auch auf Straßen, die durch Wälder führen, die Verkehrssicherungspflicht.

Gutachter soll Bruchstelle analysieren

Heißt: Der jeweilige Eigentümer muss Vorkehrungen treffen, um Gefahren durch Bäume möglichst zu verhindern. Aber nicht immer ist dies auch tatsächlich vorher zu erkennen. Etwa wenn plötzlich von außen nicht sichtbare geschädigte Äste abbrechen. „Das kommt sehr selten vor. Aber es kann passieren“, betont Frank Eilermann, zuständig bei Straßen NRW für strategische Fragen bei der Grünpflege.

Auf Straßen mit „Flächenholzbeständen“ patrouillieren die Streckenkontrolleure von Straßen NRW zwei Mal im Jahr sowie nach Unwetter-Ereignissen, schauen nach, ob Bäume oder Äste beschädigt sind, dokumentieren ihre Feststellungen und informieren auch angrenzende Besitzer, falls einer deren Bäume offensichtlich so beschädigt ist, dass er eines Tages auf die Fahrbahn zu stürzen droht.

Kann sein, dass sich das Verkehrskommissariat der Essener Polizei für diese Dokumente interessiert. Gestern benötigte sie erstmal die Hilfe der Feuerwehr. Die Männer stutzten den Ast auf das richtige Maß und transportierten ihn für weitere Untersuchungen zur Polizei. Dort wird voraussichtlich ein Gutachter die Bruchstelle analysieren. Ins erste Polizeiprotokoll trugen die Beamten, die die Unfallaufnahme machten, den Baum als „Verursacher“ ein. Das Weitere werden die Ermittlungen ergeben.

Kontrolldichte hängt vom Alter und von der Baumart ab

Straßen NRW sieht sich da erstmal auf der sicheren Seite. Der Landesbetrieb hatte seine Kontrollverfahren mit seinen Versicherern abgestimmt. Solange man sich an das Prozedere genau halte, könne der Behörde kein Versäumnis vorgeworfen werden.

Auch Grün und Gruga (GGE), in Essen zuständig für 188.000 Bäume auf Straßen und in Grünanlagen, will möglichst nichts dem Zufall überlassen und sich bis 2017 überall an den Richtlinien der Forschungsgesellschaft für Landschaftsentwicklung (FLL) orientieren. „Wo Publikumsverkehr ist, vor allem an Kitas, Spielplätzen und Schulen machen wir das schon“, versichert Sprecher Eckhard Spengler. Die Kontrolldichte hänge nicht nur vom Alter sondern auch von der Baumart ab. „Eine Platane, die vom Massaria-Pilz befallen ist, wird sogar alle sechs Wochen untersucht“, so Spengler. Sämtliche Kontrollergebnisse werden auf mitgeführten Tablets festgehalten.

Damit der nächste Kollege weiß, was der andere sah.