Essen. Neben der Immobilientochter GVE waren auch andere Essener Stadttöchter gute Kunden des Beratungsunternehmens Roland Berger. Der Stadtkämmerer hat jetzt eine Liste erstellt.
Guter Rat ist teuer, weiß der Volksmund. Manchmal ist aber auch Rat teuer, von dem man nicht genau weiß, ob er wirklich gut war. Anlässlich der Ungereimtheiten über die Leistungen des Beratungsunternehmens Roland Berger rund um den Stadionbau hat sich die Stadtkämmerei einen Überblick verschafft, wo genau im „Konzern Stadt“ die Berater in den Jahren seit 2007 überall tätig waren und was sie dafür erhielten. Stadtkämmerer Lars Klieve kam dabei auf die stolze Brutto-Gesamtsumme von rund 5,56 Millionen Euro, die Roland Berger durch vier große Aufträge von städtischen Töchtern vereinnahmen konnte.
Besonders großzügig in Richtung Roland Berger zeigte sich erwartungsgemäß die städtische Immobilientochter GVE, die allein Zahlungen in Höhe von 3,983 Millionen Euro leistete. Dabei wiederum ragen Beratungsleistungen rund um den Neubau des Stadions heraus, die in Art und Umfang Rätsel aufgeben und für die sich keine Rechnungen mehr finden ließen. „Eine detaillierte Darstellung wird am 18. August erwartet“, teilt Klieve den Ratspolitikern jetzt in einem Schreiben mit, das der WAZ vorliegt. An diesem Tag tagen verschiedene Ratsausschüsse gemeinsam.
RWE möge sich das Image eines „FC St. Pauli im Ruhrgebiet“ zulegen
Gezahlt hat die GVE auch für strategische Beratung des Fußballvereins Rot-Weiss Essen, über die heutige Verantwortliche dort den Kopf schütteln. So wurde geraten, RWE möge sich das Image eines „FC St. Pauli im Ruhrgebiet“ zulegen. Hintergrund: RWE hing vor einigen Jahren am Tropf der Stadt, hieß scherzhaft FC Rathaus, daher gingen Rechnungen an die GVE und andere Stadttöchter.
Weitere Roland-Berger-Leistungen für Stadtunternehmen: Für 200 000 Euro riefen die Entsorgungsbetriebe Beratung ab, dabei ging es um die Beteiligung an einer Ausschreibung zur Sammlung von Leichtmetallen. Die Messe Essen erkaufte sich Unterstützung zum Preis von fast 590 000 Euro für den teilweisen Neubau des Messegeländes, der dann allerdings bei einem Bürgerentscheid scheiterte.
Rund 783 000 Euro für Strategieprozess „Essen 2030“
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Ein spezieller Fall ist der vierte, von Klieve aufgeführte Beratungsvorgang. Dabei geht es um den Strategieprozess „Essen 2030“, der ganz auf Reinhard Paß zugeschnitten war und der im laufenden OB-Wahlkampf als Aktivposten gedacht war, um den es mittlerweile aber recht still geworden ist. Für Konzept und Organisation hat Roland Berger rund 783 000 Euro erhalten, die über die Essener Wirtschaftsförderung (EWG) abgerechnet wurden.
„Was mich tröstet ist, dass die Stadt das nicht selbst bezahlt hat“, sagt sarkastisch ein Finanzfachmann im Rat. Die Rechnung beglichen hat die Interessengemeinschaft der Essener Wirtschaft (IEW), und zwar aus den eingesparten Mitteln für den zweiten EWG-Geschäftsführer, der sich als entbehrlich erwiesen hatte.
Ob die Stadt Essen mit den Beratungen zufrieden war, geht aus der Liste nicht hervor.