Essen. Die Taubenklinik in Essen-Katernberg ist die einzige ihrer Art in Deutschland. Bis zu 50 Tierbesitzer kommen täglich und lassen ihre Vögel behandeln.
Zwei Stunden dauert der Rundgang. Dann haben die WAZ- Leser wirklich alle Räume der Taubenklinik in Katernberg gesehen und von Tierärztin Dr. Elisabeth Peus ganz viel über die geflügelten Patienten gelernt. „Meine Sichtweise auf Tauben hat sich verändert“, gesteht die Frintroperin Monika Witzer, die ihren Gatten Hans-Joachim mitgebracht hat. Der zehnjährige Bennet Koch hat für einen Moment Gefallen an einer Taube als Haustier gefunden. Dem schiebt Mama Anke aber mit einem Lächeln samt Kopfschütteln den Riegel vor.
Warum brauchen Tauben, die uns im Stadtbild so oft nerven, eigentlich eine Klinik, fragt man sich? Nun, die Stadttauben werden eher selten in Katernberg behandelt. Es sind vor allem Brieftauben-Besitzer, die ihre Tiere bringen. Und die gehören schließlich zum Ruhrgebiet wie der Bergbau und die Currywurst.
Keine Fallpauschalen oder Zwei-Bett-Zimmer
Die Essener Taubenklinik, die vom Verband Deutscher Brieftaubenzüchter betrieben wird, ist die einzige ihrer Art in Deutschland. Entsprechend groß ist die Nachfrage der Patienten: „Pro Tag haben wir 40 bis 50 Tierbesitzer aus ganz Deutschland und den Nachbarländern, die teilweise vier Tiere zu uns bringen“, sagt Dr. Elisabeth Peus. Sie ist eine von zwei Tierärzten unter den acht Mitarbeitern und führt die WAZ-Leser durch die Klinikräume, die sonst Gästen verschlossen bleiben.
Die Klinik ist 2006 von Niederwenigern in den Essener Norden gezogen und erinnert an eine ganz normales Krankenhaus für Menschen: überall graue Fliesen und weiße Wände, ein großes Röntgengerät, dazu Unterfahrtische, Spritzen und chirurgische Bestecke. Nur Fallpauschalen gibt es hier nicht. Und auch Zwei-Bett-Zimmer sucht man vergeblich: Die Tauben-Patienten, die gerade in Katernberg in Behandlung sind, wohnen gemeinsam in einem großen Raum in ihren Einzelkäfigen.
Qualität hat ihren Preis
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Die medizinischen Fälle, die Elisabeth Peus und ihr Kollegen behandeln, sind vielfältig. Mal sind es Krankheiten wie der Befall mit Würmern, Zecken oder anderen unangenehmen Parasiten. Mal Verletzungen wie vor allem Fuß- oder Flügelbrüche. Gerade wurde einer Taube mit einer aufwendigen Operation der gebrochene Flügel geschient. Auf dem Röntgenbild zeigt Elisabeth Peus den Gästen die Nägelchen im Gefieder, die die Knochen beim Zusammenwachsen stabilisieren. „Ich bin beeindruckt. Was für eine Feinarbeit“, staunt Leserin Monika Witzer.
Die Arbeit am Tier hat ihren Preis: Je nach Aufwand werden mehrere hundert Euro fällig. Und Brieftauben sind nicht krankenversichert. Aber es lohnt sich: Gute Brieftauben und schöne Zuchttauben sind nicht nur teuer, sondern können über 20 Jahre alt werden.
Ein paar schöne Exemplare wohnen und gurren gleich neben der Klinik im Taubenschlag. Passend dazu sieht man nebenan rote Backsteingebäude und alte Siedlungshäuser an der Schalker Straße. Ein schönes Stückchen Ruhrgebiet.