Essen. Im letzten Moment konnte Essen die Unterbringung von Flüchtlingen in Turnhallen abwenden. Der entsprechende Notfallplan ist damit aber nicht vom Tisch.

Im letzten Augenblick hat die Stadt jetzt die Unterbringung von Asylbewerbern in Turnhallen abwenden können: Seit Dienstagabend war in den städtischen Unterkünften kein einziger Platz in mehr frei. Am Mittwoch konnte Sozialdezernent Peter Renzel im Rat eine erste Notlösung präsentieren: Das Land erweitert das Heim im Opti-Park auf 800 Plätze. „320 zusätzliche Plätze werden damit auf Essens Quote angerechnet, so dass uns zunächst keine Flüchtlinge zugewiesen werden.“ Gleichzeitig spare Essen so 400.000 Euro monatlich.

Dabei sollte die Einrichtung im Opti-Park Anfang Dezember aufgelöst werden, wenn das Land sein Groß-Asyl auf dem Kutel-Gelände in Fischlaken eröffnet. Nun ist der Mietvertrag zunächst bis Ende Dezember verlängert worden, und das Land verhandelt mit dem Eigentümer des Opti-Parks über eine längerfristige Anmietung: Hier könnte eine zentrale Unterbringungseinrichtung für NRW entstehen.

Unannehmlichkeiten hinnehmen

Durch die Anrechnung der Plätze bedeutet das für die Stadt zwar eine Entlastung, der Notfall-Plan Turnhallen sei aber nicht vom Tisch, stellte Renzel im Rat klar. Man habe zuletzt eine „dramatische Zuspitzung der Zahlen“ erlebt und müsse davon ausgehen, dass sich die Entwicklung fortsetze. In diesem Jahr kamen im Schnitt monatlich 200 Asylbewerber nach Essen, im Juni waren es bisher 287. Um eine drohende Obdachlosigkeit von Flüchtlingen zu verhindern, habe man auch die Messe als Notbehelf geprüft, die sei aber nicht geeignet.

Turnhallen werden mit Schutzböden umgerüstet

Für die Unterbringung von Flüchtlingen kommen nur große Turnhallen – Multifunktionshallen – in Betracht. Sie werden dafür mit Schutzböden versehen.

Namentlich handelt es sich dabei um folgende Hallen: Katzenbruchstraße (Nordviertel), Klapperstraße (Überruhr-Holthausen), Pinxtenweg (Steele), Rosastraße (Rüttenscheid), Ruschenstraße (Bredeney), Schonnebeckhöfe (Schonnebeck), Raumerstraße (Frohnhausen), Lührmannwald (Margarethenhöhe), Im Löwental (Werden), Prinz-Friedrich-Straße (Kupferdreh), Friedrich-Lange-Straße (Bochold) und Am Hallo (Stoppenberg).

Bei den Turnhallen kämen dagegen die großen Multifunktionshallen in Frage. Diese könnten binnen zwei Wochen ausgestattet und mit Schutzböden versehen werden. Den erheblichen Einschnitt für Schul- und Vereinssport müsse man dann hinnehmen, so Renzel. Dass er die Unannehmlichkeiten für Sportler thematisiere, aber nicht die für die Flüchtlinge, wurde von grünen und linken Rats-Leuten moniert. Auch für Turnhallen müsse es Mindeststandards geben, forderte Gabriele Giesecke (Linke) „Reihen von 50 Feldbetten, die sich Männlein, Weiblein, Kinder teilen – das geht nicht.“

Nur ein rascher Befreiungsschlag

Oberbürgermeister Reinhard Paß lobte indes das Krisenmanagement des Dezernenten: „Essen kann Asyl.“ Die Stadt habe bisher nicht auf Zeltstädte und andere Notbehelfe zurückgreifen müssen. Wie knapp es diesmal war, weiß Renzel, der von „heftigen Tagen“ und „hektischen Telefonaten“ berichtet. Mittelfristig müsse Essen für solche Notlagen über die Einsetzung eines Krisenstabs nachdenken.

Kurzfristig wolle man etwa 730 Plätze an folgenden Standorten schaffen: In der früheren Schule Schetters Busch an der Bonifaciusstraße in Schonnebeck (ca. 150 Plätze), im Bürogebäude an der Natorpstraße im Ostviertel (200 bis 300 Plätze), Am Funkturm in Holsterhausen (100 Plätze), in einem Wohntrakt des Kolping-Berufsbildungswerks Am Zehnthof in Kray (60 Plätze), im Handballleistungszentrum an der Raumerstraße 61 in Frohnhausen (60 bis 100 Plätze) und im Berufsförderungswerk der Bauindustrie an der Lüscherhofstraße in Bergeborbeck (60 Plätze). Lediglich das Schulgebäude an der Helmstraße in Dellwig hat man als zu marode von der ursprünglichen Liste (wir berichteten) gestrichen; der Standort Münchener Straße 67 in Holsterhausen könne frühestens 2016 genutzt werden.

Werden die genannten Einrichtungen rasch ertüchtigt, könne 2015 die „ultima ratio“ Turnhalle vermieden werden, so Renzel. Mehr als ein rascher Befreiungsschlag sei das aber nicht: Nach der Sommerpause wolle er dem Rat Vorschläge für neue Dauerunterkünfte vorlegen.