Essen. . OB Paß gab im Verwaltungsvorstand Anweisung, eine Rechtsverordnung für ein Alkoholverbot auf dem Willy-Brandt-Platz zu erarbeiten. Ob sie jemals kommt, ist aber fraglich. Die SPD-Fraktion ist dagegen.

Der Verwaltungsvorstand unter Vorsitz von Oberbürgermeister Reinhard Paß hat am Dienstag beschlossen, eine Rechtsverordnung für ein Alkoholverbot auf dem Willy-Brandt-Platz samt Umgebung zu erarbeiten. Es soll nach WAZ-Informationen bereits in der ersten Ratssitzung nach den Sommerferien – das wäre im August – beschlossen werden. Mit dem Alkoholverbot hätten die Stadt und die Polizei ein scharfes Mittel an der Hand, um die hier als extrem störend empfundene Trinkerszene wirksam zu verdrängen.

Ob die Verordnung tatsächlich kommt, ist allerdings äußerst fraglich, denn die SPD-Ratsfraktion zieht bislang nicht mit. „Die Meinungsbildung in der Fraktion ergab eine deutliche Mehrheit gegen das Alkoholverbot“, sagte SPD-Fraktionschef Rainer Marschan am Dienstag auf Anfrage der WAZ. Die klaren Befürworter schätzte Marschan auf nur ein gutes Drittel der Fraktionsmitglieder. Aus Fraktionskreisen hieß es, Paß habe bislang keinerlei Anstalten gemacht, seine eigenen Genossen im Rat auf das in der SPD sehr umstrittene Vorhaben einzuschwören. Die CDU-Fraktion ist hingegen für das Alkoholverbot, aber im Rahmen der festen Zusammenarbeit im Rat („große Koalition“) läuft gegen die SPD nichts.

Urinal gegenüber dem Gildehofcenter

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Paß erklärte am Dienstag, er wisse um das Risiko, gehe aber davon aus dass er am Ende eine Mehrheit im Rat bekommt. „Wir bieten der Politik ja ein ganzes Paket zur Abstimmung an, nicht nur das Verbot“, so Paß zur WAZ. Neben der Verdrängung gehöre dazu auch ein Urinal gegenüber dem Gildehofcenter, wo die Szene an der Hollestraße einen Ersatz-Versammlungsort bekommen soll. Auch gebe es Betreuungsangebote. „Wenn wir nichts tun würden, dann wäre das auch mit Risiken verbunden“, argumentiert Paß, der bei seinem Vorgehen den neuen Essener Polizeipräsidenten Frank Richter an seiner Seite weiß. „Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten helfen, wo wir können“, so Richter zur WAZ.

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Das klingt zurückhaltend, und das soll es auch. Aus Polizeikreisen ist zu hören, dass man sich ein Vorgehen gegen die Trinkerszene unterhalb einer juristisch heiklen Rechtsverordnung mindestens genausogut vorstellen könnte, etwa mit vermehrten Platzverweisen und anderen Unannehmlichkeiten. Ein per Ortsgesetz festgelegtes Alkoholverbot birgt das Risiko, vor Gericht angefochten zu werden, wo bisher mehrere derartige Verbote scheiterten. Darauf hatte auch Ordnungsdezernent Christian Kromberg in einem Interview hingewiesen. Gerichte seien nicht geneigt, eine allgemein festgestellte Kausalität von Alkoholkonsum und dem Begehen von Ordnungswidrigkeiten einfach zu akzeptierten. Freiheitsrechte stünden dagegen. Allerdings hatte auch Kromberg klar für ein Alkoholverbot votiert - trotz aller Risiken.