Essen. Essens Ordnungsdezernent Kromberg spricht im Interview über den Nutzen und die Fallstricke des Alkoholverbots rund um den Willy-Brandt-Platz.

Die Stadt Essen bereitet ein Alkoholverbot in der Innenstadt vor. Wir sprachen mit dem zuständigen Ordnungsdezernenten Christian Kromberg.

Herr Kromberg, ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum ist schon in vielen Städten juristisch gescheitert. Warum versucht Essen es auch noch mal?

Christian Kromberg: Wir wollen eben auch mal mutig sein. Im Ernst: Wir haben das Ziel, der Trinkerszene am Willy-Brandt-Platz ganz klar zu sagen, dass wir sie an dieser Stelle nicht länger dulden, und wir bieten ihnen ja auch eine Alternative an. Allerdings ist richtig: Das Alkoholverbot ist ein Thema, das Juristen in Deutschland mit spitzen Fingern anfassen. Die Rechtsprechung ist bis auf eine Ausnahme eindeutig negativ.

Warum eigentlich?

Christian Kromberg: Das Problem ist: Wir müssen einen klaren Zusammenhang, eine Kausalität nachweisen zwischen dem Genuss von Alkohol und der durch die trinkende Person verübten Ordnungswidrigkeit. Nur dann dürfen wir zum Mittel des Verbots greifen, das ja Freiheitsrechte beschneidet. Das ist die hohe rechtliche Hürde, die besteht.

Gilt sie absolut?

Christian Kromberg: Eben nicht, und das macht uns Hoffnung. In NRW gibt es noch kein Gerichtsurteil, die Stadt Bonn hat schon seit 2008 in einem bestimmten Teil der Stadt ein Alkoholverbot, das nach Auskunft der Kollegen dort großen Nutzen stiftet. Obwohl die natürlich auch wissen, dass das eine juristische Gratwanderung ist.

Worin besteht dieser Nutzen?

Christian Kromberg: Es geht um die Effizienz der Rechtsdurchsetzung. Ich kann die Trinkerszene mit meinen Leuten natürlich stundenlang beobachten lassen und im Falle einer Ordnungswidrigkeit dann einschreiten. Das ist nicht effizient. Bei einem Alkoholverbot müssten wir nicht mehr abwarten, bis jemand - platt gesagt - den Hosenstall aufmacht und die verbotene Handlung geschieht. Wir könnten vorher eingreifen. Schon der Genuss von Alkohol wäre verbunden mit dem Aussprechen eines Platzverweises. Einerseits ist klar: Niemand darf einfach irgendwelche Eingriffs-Tatbestände schaffen, nur damit die Exekutive es leichter hat...

...weil das ein unzulässiger Eingriff in die persönliche Freiheit wäre.

Christian Kromberg: Richtig. Andererseits ist das Prinzip vorsorglicher Verbote ja nicht unbekannt und in anderen Fällen auch breit akzeptiert. Glasflaschen sind auf vielen Veranstaltungen verboten, obwohl die Glasflasche selbst harmlos ist. Erst wenn jemand sie auf den Boden schmeißt oder gar in die Menge wirft, wird sie zur Gefahr. Auf die Spitze getrieben: Selbst eine Pistole ist für sich gesehen ungefährlich, solange niemand den Abzug betätigt.

Das Alkoholverbot rund um den Brandt-Platz gilt dann für alle?

Christian Kromberg: Selbstverständlich. Für jeden Bürger, nicht nur für die Trinkerszene.

Was ist mit den Straßencafés?

Christian Kromberg: In diesem Bereich gibt es keine Gastronomien, die Alkohol ausschenken, aber die Stadt dürfte Ausnahmen erlassen. Diese Möglichkeit wäre schon deshalb nötig, weil der Platz auch zum Bereich des Weihnachtsmarktes gehört.

Klingt prekär, was Sie da vorhaben.

Christian Kromberg: Ich bin jetzt erst einmal ehrgeizig, auch wenn ich zugeben muss, dass das Risiko, vor Gericht zu scheitern, nicht gering ist. Wir werden versuchen, die Verordnung so gerichtsfest wie möglich zu machen, denn ich halte nichts von Symbolpolitik nach dem Motto: Wenn’s nicht klappt, war das Gericht schuld. Die Urteile, die es gibt, sind alle schon etwas älter, vielleicht hat es auch ein Umdenken gegeben.

Wie geht es konkret weiter?

Christian Kromberg: Als nächstes stehen Gespräche mit der Polizei an. Ich will, dass die Polizei mit im Boot ist, obwohl das formal nicht sein müsste. Erst dann wollen wir der Politik eine Änderung der Ortssatzung vorlegen.

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