Essen. . Die Stadt will die Zahl der Fahrradstraßen von 36 auf hundert erhöhen. Auf diesen Trassen haben Biker gegenüber Autofahrern immer Vorrang. Jedes Jahr eine halbe Million Euro für Radwege-Projekte geplant
Grüne Hauptstadt Europas – für diesen Titel, den Essen 2017 tragen darf, wird die Stadt endlich in die Pedale treten – so hofft es der hiesige ADFC-Vorsitzende Jörg Brinkmann. „Wir erwarten, dass seitens der Politik mehr Impulse von der Politik für den Radverkehr erfolgen.“ Ein erster Meilenstein ist das neue Radverkehrsbauprogramm der Stadt, das am Donnerstag im Bauausschuss beschlossen wird. Eine der wesentlichen Kernpunkte: Auf hundert Straßen im Essener Stadtgebiet werden die Radler die Nummer Eins sein.
Die Zahl der Fahrradstraßen soll in den kommenden Jahren von 36 auf hundert erhöht werden. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit für den Kfz-Verkehr liegt bei Tempo 30. Und gegebenenfalls auch darunter: Denn Radfahrer haben gegenüber den Autofahrern immer Vorrang. Auch dürfen Biker nebeneinander fahren. „Solche Fahrradstraßen haben eine große Symbolkraft“, betont Brinkmann. Je mehr es davon gibt, „um so stärker rücken sie ins Bewusstsein der Autofahrer.“ Derzeit wissen viele Pkw-Fahrer noch nicht, dass sie den Radlern den Vortritt lassen müssen.
Schutzstreifen auf 12,2 Kilometern Länge
Der ADFC drückt aufs Tempo. Die Keplerstraße und die Breslauer Straße in Holsterhausen wollte man schon lange zur Fahrradstraße machen. „Aber das wurde bis heute nicht umgesetzt“, kritisiert Brinkmann.
Geplant ist weiterhin, die zum Teil gravierenden Baumängel auf den Radwegen an 13 Hauptstraßen zu beseitigen. Vor allem aber sollen Radfahrer, wo möglich, eine eigene Spur auf der Fahrbahn bekommen. Auf einer Gesamtlänge von insgesamt 12,2 Kilometern will die Stadt Fahrrad- und Schutzstreifen (siehe Box) auf Straßen anlegen. Die sind zum einen deutlich günstiger als Bordstein-Radwege. Und: Sie sind sicherer, weil die Radler von den anderen Verkehrsteilnehmern besser erkannt werden.
Die Stadt hat das Essener Straßennetz untersucht und geprüft, wo der Querschnitt groß genug ist, um eine Spur für die Biker abzutrennen, „ohne die Leistungsfähigkeit für den motorisierten Verkehr nennenswert einzuschränken“, heißt es in der Vorlage an den Bauausschuss. Bei 21 ausgesuchten Straßenabschnitten sei das möglich. Einziger Haken: Markierte Radstreifen werden immer wieder von Falschparkern blockiert, wie auf der Altendorfer Straße zwischen Helenenstraße und Bockmühle täglich zu beobachten ist.
Der Essener Fahrradclub unterstützt das jetzige Rahmenprogramm voll und ganz. „Wir wollen, dass es möglichst schnell eins zu eins umgesetzt wird und so der Gordische Knoten durchbrochen wird“, berichtet Brinkmann. „Denn bis heute gibt es immer noch zahlreiche Defizite, wenn man das Fahrrad für den Alltag benutzen will.“
Wäre da nicht der Konjunktiv
Nur wenn möglichst viele Essener auch für die Wege zur Arbeit, zur Schule, zur Uni und zum Einkaufen auf den Sattel steigen, lässt sich der Anteil der Radfahrer am Gesamtverkehr von derzeit sechs auf 25 Prozent steigern. Das hatte das Rathaus bei seiner Bewerbung für die „Grüne Hauptstadt Europas“ bis zum Jahre 2035 zugesichert. Wörtlich hieß es, dass daher „in den nächsten Jahren ein starker Ausbau des Radverkehrs-Hauptroutennetzes beabsichtigt“ sei.
Die Stadt will dafür jährlich ein Investitionspaket von einer halben Million Euro investieren. „Einen festen Etat für den Radverkehr ist seit langem eine Grundforderung des ADFC“, freut sich Brinkmann.
Wäre da nicht der Konjunktiv. Denn das Geld für die geplanten Bauvorhaben mit Prioritäten im Hauptnetz, fließe „vorbehaltlich der Berücksichtigung im Haushaltsplan“. Da hat sich der Kämmerer eine Hintertür offen gehalten.