Essen. . Die Stadt Essen geht auf die Freifunk-Initiative zu: Sie will freies WLAN zur Verfügung stellen. Der Verein fordert weder Geld noch Daten.
Seit einer Weile liebäugelt die Stadt Essen mit der Idee, Essenern und Touristen kostenloses WLAN zur Verfügung zu stellen. Mehrere Modelle wurden geprüft, doch alle müssen mit Barem oder mit Daten bezahlt werden. Eine Alternative bietet der nicht-kommerzielle Freifunk e.V., der jetzt mit der Stadt ins Gespräch kommt. Am Mittwoch entscheidet der Rat über eine engere Zusammenarbeit mit dem Verein.
Freifunk basiert auf dem Solidaritätsprinzip: Wer mitmacht, stellt seinen WLAN-Anschluss und Internetzugang anderen zur Verfügung. Er benötigt nur einen zusätzlichen Router für etwa 25 Euro, den Freifunk-Mitglieder anschließen. Das klappt schon im Steeler Ruderverein wie am Frohnhauser Markt, wo man mit Smartphone oder Tablet problemlos im Internet surfen kann.
Frage der Haftung
Neben Bürgern, Gastronomen oder Geschäftsleuten wünscht sich der Verein auch die Hilfe der Stadt: „Wir vermissen die Nutzung der städtischen Netzwerke“, erklärt Philip Berndroth, Vorstandsmitglied von Freifunk Rheinland. Die Verwaltung jedoch fürchtet, dass sie haftet, wenn jemand ihr Netz missbraucht, um illegale Seiten anzusteuern. „Erst mit einer entsprechenden Gesetzesänderung würde die Infrastruktur für ein freies WLAN genutzt werden können, ohne dass an die Stadt Haftungsansprüche gestellt werden könnten“, heißt es in der Vorlage für den Rat.
Philip Berndroth, der den Freifunk jüngst im Ordnungsausschuss vorstellte, hätte sich „etwas mehr Mut“ von der Stadt gewünscht. In Arnsberg, Dormagen und Witten sei man das rechtliche Restrisiko eingegangen. „Essen hat aber einen ersten Schritt gemacht, das werten wir als positives Signal.“ In der Ratsvorlage bietet man dem Verein nämlich an, „städtische Gebäude für Installation und Betrieb der für ein freies WLAN nötigen technischen Infrastruktur zu nutzen“.
Auch eine finanzielle Unterstützung der Freifunker soll geprüft werden. „Die überschaubaren Kosten für Router und Strom sollte man aus städtischen Mitteln finanzieren“, wirbt auch der grüne Ratsherr Ahmad Omeirat.
Die Freifunker setzen erstmal darauf, dass der Rat ihr Engagement absegnet. Schon jetzt beraten sie sich mit dem Essener Systemhaus als zuständigem städtischen Dienstleister. „Und wir loten aus, welche Standorte wir bespielen können“, so Berndroth. Man ziele ja nicht gleich auf ein flächendeckendes Netz fürs ganze Stadtgebiet, „sondern auf Leuchtturm-Projekte wie Gruga oder Hauptbahnhof“. Auch soziale Aspekte wolle man berücksichtigen und etwa für Hotspots an Asylheimen sorgen.
Bürger bauen sich ein kostenloses Netzwerk auf
Der Verein Freifunk baut bundesweit kostenlose WLAN-Netze aus. Die Freifunker arbeiten nicht-kommerziell und setzen auf die Mithilfe möglicht vieler Bürger, die ihre WLAN-Router und zum Teil auch den Internetzugang für den Datentransfer der anderen Teilnehmer zur Verfügung stellen. Unterstützt wird der Verein auch durch Gastronomen und Geschäftsleute, die ihre
Infrastruktur bereitstellen.
Weitere Infos gibt es auf: www.freifunk.net
Ein anderes Modell dürfte faktisch vom Tisch sein: 2013 hatte der Rat angeregt, eine Koppelung von Stadtwerbung und WLAN zu prüfen: Der Vertrag über die städtischen Werbeflächen wird Anfang 2016 neu ausgeschrieben – als Extra hätte man von den Anbietern freies WLAN verlangen können. Kein Problem, sagt die Ströer Media AG, die bisher die Essener Werbeflächen bespielt: „Wir sind Partner der Stadt und orientieren uns an den individuellen Wünschen und Anforderungen der Stadt.“
Im Geschäftsbereich von Kämmerer Lars Martin Klieve weiß man indes, das so etwas am Ende eingepreist wird und die Einnahmen von derzeit gut 1 Million Euro pro Jahr schmälert. Wie sagt ein Experte: „Für uns ist freies WLAN nicht umsonst.“ Die Idee des Freifunks habe also durchaus Charme.