Essen. . Die Stadt Essen nimmt einen neuen Anlauf für den Titel als „Grüne Hauptstadt Europas“. Unter den vier Finalisten gilt die Ruhrstadt als Favorit. Punkten will sie auch mit Pfingststurm „Ela“.
Ein Jahr nach Pfingststurm „Ela“ läutet die Stadt Essen den Schlussspurt im Titelrennen um die „Grüne Hauptstadt Europas 2017“ ein. An der Spitze der Delegation wird Oberbürgermeister Reinhard Paß in der kommenden Woche zum Finale nach Bristol reisen; das Seebad an der Südküste Englands ist Titelträger 2015. Anders als im vergangenen Jahr geht Essen diesmal als Favorit an den Start.
Umweltdezernentin Simone Raskob zeigte sich am Montag vor der Presse optimistisch; „Wir haben größere Chancen als vor einem Jahr und sind überzeugt, dass wir den Titel mitnehmen.“ Nun, klappern gehört zum Handwerk. Erinnert sei an Norwegens Hauptstadt Oslo, die 2014 scheinbar uneinholbar auf die Zielgerade einbog und doch noch Sloweniens Kapitale Ljubljana vorbeiziehen lassen musste.
Oslo tritt nicht noch einmal an. Dafür sind mit Umea aus Schweden und Nijmegen aus den Niederlanden zwei Mitbewerber aus dem vergangenen Jahr dabei. Mit s’Hertogenbosch komplettiert eine zweite niederländische Stadt die Finalrunde, in der Essen sich als Erstplatzierte der „Zwischenrunde“ beste Chancen ausrechnen darf.
Aus den Fehlern gelernt
Aus den Fehlern des Vorjahres habe man gelernt, sagt Simone Raskob. Aber was heißt schon Fehler? „Der Sieg war vielleicht verdient, aber er wäre auch ein Supersensation gewesen“, sagt Essens Europaabgeordneter Jens Geier, Mitglied der Delegation. Schließlich war es Essens erster Anlauf um den Titel „Grüne Hauptstadt“.
Der Jury hatte sich die einstige Hauptstadt von Kohle und Stahl als „Stadt im Wandel“ präsentiert. Simone Raskob und ihr Team zeigten sich bestens präpariert; bei der sprichwörtlich deutschen Gründlichkeit blieb jedoch das Herz auf der Strecke. Diesmal will das Team stärker auf Emotionen setzen. Oder wie es OB Paß formulierte: „Lebensqualität wird bei uns groß geschrieben.“
Ein Titel für mehr Lebensqualität
Der Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ wird von der Europäischen Kommission einmal pro Jahr an eine Stadt vergeben, der es auf beispielhafte Weise gelungen ist, Umweltschutz, Wirtschaft und Lebensqualität für ihre Einwohner miteinander zu vereinen.
Die Jury bewertet Naturschutz, Verkehr, Luft- und Wasserqualität, Initiativen gegen den Klimawandel sowie die Abfallwirtschaft.
Erster Titelträger war Stockholm 2010. Grüne Hauptstadt 2015 ist Ljubljana.
Nicht das Technische soll deshalb im Mittelpunkt der Präsentation stehen, sondern der Mensch, betont Simone Raskob, die nicht zuviel verraten will. Nur soviel: „Ela“ wird eine Rolle spielen und auch die Widerstandsfähigkeit, mit der die Stadt die Folgen des Sturms bewältigt hat.
Schwachpunkt Verkehr
Die Renaturierung der Emscher und ihrer Zuläufe wird ebenso eine tragende Rolle spielen wie das Projekt „Neue Wege zum Wasser.“ Einen Schwachpunkt aber gilt es wett zu machen, räumt Raskob ein: In der Kategorie „Verkehr“ landete Essen in der Zwischenrunde unter den zwölf Bewerberstädten nur auf Platz 7. Punkte sammeln will man mit der Radautobahn, mit dem Rhein-Ruhr-Express (RRX) und mit der geplanten Verlängerung der neuen Straßenbahntrasse vom Krupp-Gürtel bis zum Hauptbahnhof. Die Frage ist nur, ob letzteres für die Jury mehr ist als ein Ausdruck guten Willens.
Das wäre nicht die einzige unbekannte Größe. Entscheidungen der Europäischen Union (EU) sind stets auch politisch geprägt. In dem sie den Titel 2014 nach Slowenien vergab, würdigte die EU die umweltpolitischen Bemühungen eines vergleichsweise jungen Mitgliedstaates. Beobachter werteten dies aber auch als Abschiedsgeschenk an den scheidenden EU-Kommissar für Umweltfragen, den Slowenen Janez Potočnik. Apropos Abschied: Die Jury-Sitzung in der kommenden Woche ist die letzte für den EU-Generaldirektor Umwelt, Karl Falkenberg. Der überzeugte Europäer gilt als geistiger Vater des Wettbewerbes um die „Grüne Hauptstadt“ und stammt aus Bonn.