Essen. Musiker besuchen Kindergärten, um den Jungen und Mädchen Instrumente näherzubringen.
Mit großen Augen und ganz aufmerksam sitzen die etwa 100 Kinder der Villa Kunterbunt auf dem Boden und lauschen dem zweiten Satz von Maurice Ravels Streichquartett in F-Dur. Vor ihnen spielen vier Musiker der Essener Philharmoniker – ihr Auftrag: den begeisterten kleinen Zuhörern klassische Musik näher zu bringen.
„Hier haben wir einen Schmetterling, er fliegt umher“, erzählt Moderator Matthias Rietschel den Jungen und Mädchen. Währenddessen lässt Musiker Angelo Bard seine Geige erklingen. „Und der Schmetterling trifft auf eine Hummel.“ Florian Hoheisel, Cellist der Philharmoniker, beginnt ebenfalls zu spielen. Musikpädagoge Matthias Rietschel erzählt seine Insekten-Instrumenten-Geschichte weiter. Die Kleinen lauschen gespannt – der Geschichte und den Klängen des Streichquartetts. Sie sind ganz leise, um nicht zu unterbrechen.
Stücke dürfen nicht zu lang sein
„Wir möchten das Interesse an der Musik aber auch nachhaltig wecken“, erklärt Projektleiterin Merja Dworczak von der Philharmonie. Darum sollen die Musiker im November noch einmal an die Kindergärten kommen und mit ihnen musizieren. Kita-Leiterin Ulrike Rohlfing ist begeistert, dass ihre Kinder diese Erfahrung machen können. „Wir können ihnen das so leider nicht bieten“, sagt Rohlfing.
Eine halbe Stunde spielen die Musiker. „Es ist wichtig, dass die Stücke nicht zu lang sind, dann lässt die Aufmerksamkeit der Kinder nach“, erklärt Matthias Rietschel. Außerdem müsse den Kindern eine Geschichte um die Musik erzählt werden. „Wir wollen hier aber keine Show abziehen, sondern nur die Aufmerksamkeit erhöhen.“ Trotz allem haben die Musiker es sich nehmen lassen, bunte Hemden anzuziehen. „Wir kommen halt vom Theater“, sagt Martin Vollmer, er spielt die Bratsche und stellt eine Biene dar – das gelbe Hemd und die schwarze Hose verdeutlichen das. Clemens Ratajczak als Fliege ist dagegen ganz in schwarz gekleidet – bis auf seine weiße Fliege.
Kinder seien musikalisch unterfordert
Die Musiker besuchten zuvor bereits alle vier Gruppen: „Teilweise waren die Kids erstaunt, dass die Instrumente ganz ohne Strom funktionieren und nur aus Holz bestehen – so ganz ohne Schrauben“, beschreibt Martin Vollmer seine Erfahrungen.
Laut Rietschel würden Kinder viel zu oft musikalisch unterfordert. „Die Jungen und Mädchen hören sehr wohl den feinen unterschied zwischen den Instrumenten und Tönen.“ Daher lässt er auch die Gruppe entscheiden, wie schnell das Abschlusslied gespielt werden soll. Ganz fix wie der Schmetterling oder behäbig wie die Hummel – die Geige gewinnt.
Das wichtigste Element kommt zum Schluss: Die Kinder probieren die Instrumente selbst aus. Die vierjährige Sophia lässt sich nicht lange bitten. Motiviert setzt sie sich auf den Stuhl und nimmt die Geige in die Hand. Ganz konzentriert streicht sie mit dem Bogen vorsichtig über die Saiten – und lauscht den selbst erzeugten Klängen.