Essen. Dennis van Zandt ist seit 25 Jahren Orchesterwart der Essener Philharmoniker. Den Beruf kennt kaum jemand, und trotzdem steht der Amerikaner bei fast jedem Konzert im Rampenlicht

Dennis van Zandt hat einen Beruf, den kaum jemand kennt. Und trotzdem steht er regelmäßig im Rampenlicht. Als Generalmusikdirektor Wolf-Dieter Hauschild beispielsweise mit Haydns „Abschiedssinfonie“ das Haus verließ und sich Musiker und Dirigent nach und nach von der Bühne verabschiedeten, da ist der Schlussapplaus am Ende auf ihn niedergeprasselt, als er den Taktstock von der Bühne holen musste. Und Weltstar Montserrat Caballé hat ihn zum Finale der großen Aalto-Gala vertraulich an die Hand genommen: „Sind Sie verheiratet? Dann bringen Sie Ihrer Frau doch den Blumenstrauß mit.“

Dennis van Zandt könnte viele solcher Geschichten erzählen. Seit 25 Jahren ist er Orchesterwart der Essener Philharmoniker, also derjenige, der dafür zuständig ist, dass bei jedem Konzert und jeder Probe die richtige Anzahl von Stühlen im Orchestergraben steht, dass die richtige Partitur auf dem Notenständer liegt und dass die dicken Trommeln an ihren Platz gerückt sind. In der Rockmusik würde man ihn einen Roadie nennen. Aber Dennis van Zandt und seine Kollegen sind viel mehr als Leute, „die das Klavier über die Bühne schieben. Wir sind die Diener der Kunst“, sagt van Zandt. Die guten Geister jedes Konzerts, die stillen Helfer, die am Rande schweben und für den Konzertablauf doch ganz wichtig sind.

Auf die Stelle aufmerksam geworden ist der gebürtige Amerikaner über seine Frau Margaret Russel, die damals noch Mezzosopranistin am Hause war. Nach einem Wechsel im Ensemble wurde der Hobby-Musiker van Zandt zum festen Aalto-Arbeiter der Familie. „Ich war damals einer von zwei Bewerbern“, erinnert sich der 63-Jährige, der in den USA Psychologie studiert hat und in seiner Freizeit auch Klavier spielt und im Chor singt. Die Liebe zur Musik ist hilfreich, aber keine Einstellungsvoraussetzung als Orchesterwart. „Kraft, Sensibilität und Sorgfältigkeit“, zählt van Zandt zu den wichtigsten Eigenschaften des Orchesterwarts und „wir müssen sehr flexibel sein“. Das betrifft nicht nur die Arbeitszeiten, die oft morgens um acht beginnen, um den Saal für die 10-Uhr-Probe des Orchesters vorzubereiten und manchmal bis in die Nacht gehen, denn die Bühnentechnik kann am nächsten Morgen erst mit dem Kulissenumbau beginnen, wenn alle Pulte aus dem Orchestergraben verschwunden sind. Dazwischen liegt manchmal viel Leerlauf und ein präziser Plan für die Bestuhlung von Mozart, Wagner oder Beethoven, der in den Umbaupausen einen wieselflinken Einsatz von van Zandt und seinen Kollegen fordert. Natürlich ist es mal passiert, dass plötzlich ein Stuhl für die Bratsche fehlte. Und den Taktstock eines berühmten Dirigenten, der auf dem Pult liegenblieb, in den Blumenstrauß zu stecken und vor die Garderobe zu legen, war auch keine so gute Idee. Die Blumen nämlich bekam das Zimmermädchen. Das Konzert am nächsten Tag musste ohne Stab dirigiert werden.

Was er an seinem Job so liebt, weiß van Zandt ohne zu zögern. „Die Nähe zur Musik.“ Chopin und Rachmaninow hat er auf Facebook als Lieblingskomponisten angegeben, aber auch sonst kann es schon mal passieren, dass ihm die Tränen kommen, wenn die Musik so schön ist. Insofern ist Orchesterwart auch ein bisschen Traumberuf. Nur ein unbekannter.