Essen. Mal wieder steht ein 23-Jähriger in Essen vor Gericht, weil er mit Bus und Bahn fährt, ohne zu bezahlen. Jetzt droht ihm sogar das Gefängnis.

Von Tickets für Bus und Bahn hielt der 23-Jährige in der Vergangenheit nicht viel. Das hat ihm nicht nur ein stattliches Vorstrafenregister eingehandelt, ihm drohen jetzt auch zehn Monate im Gefängnis, obwohl ihm Amtsrichter Stefan Groß am Dienstag noch einmal eine Chance gab.

Auf den ersten Eindruck macht der gepflegte Angeklagte einen ordentlichen Eindruck, auch wenn er ein wenig viel und schnell redet. Wie ein Verbrecher wirkt er nicht. Aber so ganz ernst nahm er es nicht mit den Regeln des Alltags. „Ihnen ist das völlig egal“, fasst Richter Groß zusammen. Er hat über elf neue Schwarzfahrten aus dem Jahr 2014 zu urteilen. Hinzu kommt wegen einer weiteren Fahrt eine neue Gesamtstrafe mit einem früheren Urteil zu zehn Monaten Haft mit Bewährung. Auf elf Monate Haft lautet jetzt die Gesamtstrafe, acht Monate gibt es für die neuen Taten. Beides mit Bewährung. 1500 Euro Geldbuße muss der Angeklagte zahlen, der einen Bewährungshelfer bekommt.

VRR-Ticket mit Stolz präsentiert

Ein bisschen kompliziert, diese juristische Aufarbeitung der Schwarzfahrten. Aber so verlief auch schon das Leben des Angeklagten, der mittlerweile einen Job hat und für eine Familie sorgt. Er klagt, dass er kein Geld hatte. Die Trennung seiner Eltern hätte ihm viel Probleme bereitet, eine Ausbildung habe er nicht.

Jetzt laufe alles besser. Stolz präsentiert er sein VRR-Ticket, legt es dem Richter vor. In seinem neuen Job in der Handy-Branche habe er die Probezeit überstanden und sei übernommen worden. Es bleiben die strafrechtlichen Probleme. Die Bewährung aus dem alten Urteil hatte der Amtsrichter in Borbeck widerrufen, weil der Angeklagte die Geldauflage in Höhe von 900 Euro nicht gezahlt hatte. Gegen den Widerruf hatte er keinen Widerspruch eingelegt, so dass die Frist ablief. Jetzt versucht er es auf dem Gnadenweg, dem Gefängnis zu entkommen.

Briefe nicht geöffnet

Warum das alles? Vogel-Strauß-Politik. „Ich habe die Briefe nicht geöffnet, wenn da Inkasso oder Gericht drauf stand“, bekennt der junge Mann. Jetzt hätte er aber schon etwas gezahlt. Und seine Schulden bei der Evag, fast 5000 Euro, will er bis auf 200 Euro zurückgezahlt haben.

Richter Groß gibt zwar noch einmal Bewährung, macht dem Angeklagten aber auch klar, wie gering die Chancen auf dem Gnadenweg sind, der Haft zu entkommen. Wenig Sinn sieht er darin, jemanden wegen Schwarzfahrten ins Gefängnis zu schicken. Aber: „Wenn der Gesetzgeber das als Straftat sieht, dann ist das eine Straftat.“ Und bevor der Angeklagte den Saal verlässt, gibt er ihm noch schnell das VRR-Ticket zurück: „Damit Sie es nicht vergessen haben bei der Kontrolle.“