Essen. Fahren ohne Ticket kostet ab 1. Juli 60 Euro. Die Verkehrsbetriebe hoffen allerdings weniger auf Mehreinnahmen, als auf Abschreckung.
Wer sich ab dem 1. Juli in Essens Bussen und Bahnen ohne gültiges Ticket erwischen lässt, für den wird es teurer. Nicht mehr 40, sondern 60 Euro kostet dann das Schwarzfahren. Für die Essener Verkehrs AG (Evag) wäre das wahrscheinlich ein Plus von rund 500 000 Euro im Jahr – doch so will man bei der Stadttochter gar nicht rechnen.
„Wir erhoffen uns von dem neuen Bußgeld eine wirklich abschreckende Wirkung. Das war bei 40 Euro nicht so der Fall“, kommentiert Evag-Pressesprecher Olaf Frei die Geldstrafe, die im Frühjahr bundesweit umgesetzt wird. Jahr für Jahr erwischen die Kontrolleure mehr Menschen ohne Fahrausweis, 2014 waren es immerhin rund 41 000 Passagiere bei 1,6 Millionen Überprüften, macht rund 2,5 Prozent. Allerdings fasst die Evag alle Beanstandungen zusammen, die „richtigen“ Schwarzfahrer machen knapp 1,4 Prozent der kontrollierten Fahrgäste aus.
Eineinhalb Millionen Beförderungs-Erschleichern
Das klingt nicht gerade erschütternd, ist aber bei den Stichproben der Kontrolleure nur die Spitze des Eisbergs. Schließlich befördert die Evag nach eigenen Angaben 330 000 Menschen pro Tag – und rechnet man nun die rund 1,4 Prozent Schwarzfahrer auf ein ganzes Jahr hoch, kommt man auf die imposante Zahl von mehr als eineinhalb Millionen Beförderungs-Erschleichern, Tendenz steigend. Kein Wunder, dass die Verkehrsbetriebe nicht müde werden, das gefühlte Kavaliersdelikt Schwarzfahren als Straftat zu kriminalisieren.
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Denn am Ende zahlt die Öffentlichkeit, die Evag ist ein defizitärer Betrieb. „Wir haben im vergangenen Jahr um die 100 Millionen umgesetzt. Es gelingt, mit den Einnahmen 50 bis 60 Prozent der Ausgaben zu decken“, schildert Olaf Frei. Rund 2,5 Millionen Euro Einnahmen, so könne man rechnen, gingen im Jahr durch die Schwarzfahrerei verloren. Und die 900 000 Euro, die man in 2014 durch die Schwarzfahrer eingenommen hat, werden von den Kosten für 40 Kontrolleure wieder aufgefressen.
Letzte Erhöhung von 30 auf 40 Euro liegt zwölf Jahre zurück
Lange wartet man bei den verschiedenen Verkehrsbetrieben in Deutschland auf härtere Geldstrafen, die letzte Erhöhung von 30 auf 40 Euro liegt zwölf Jahre zurück. Ein kalkulierbares Risiko für Geldsparer? Oder sind die Fahrpreise, die in der Region vom Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) festgelegt werden, einfach den Bus- und Bahnfahrern davongaloppiert?
Fakt ist, dass das Bus- und Bahnfahren auch in Essen alles andere als günstig ist. Für rund 1,5 Kilometer oder drei Haltestellen zahlt man 1,60 Euro. Will man aus dem Essener Norden in die Innenstadt, ist man mit 2,60 Euro pro Tour an Bord. Evag-Pressesprecher Olaf Frei will die Preisgestaltung im VRR nicht direkt kritisieren, sagt aber auch: „Es ist nun einmal so, dass im Ruhrgebiet das Geld an allen Ecken und Enden fehlt.“