Essen. Knöllchen werden im nächsten Jahr von 40 auf 60 Euro erhöht. Die Evag rechnet mit Mehreinnahmen von jährlich rund einer halben Million Euro

nmitten der aktuellen Debatte um die kritische Finanzsituation der Evag und um drohende Einsparungen ist die gute Nachricht für die Essener Verkehrs-AG fast untergegangen. Dabei geht es um fast eine halbe Million Euro - nicht gerade ein Pappenstiel. Vor wenigen Tagen entschied der Bundesrat in Berlin die Knöllchen für Schwarzfahrer von 40 auf 60 Euro zu erhöhen. Die Evag jubelt - sie hatte das seit Jahren gefordert. „Der Beschluss ist eine gute Botschaft an alle unsere ehrlichen Fahrgäste und hoffentlich eine Warnung an alle Schwarzfahrer“, erklärt Evag-Sprecher Olaf Frei. Bei gleichbleibender Schwarzfahrerquote werden die jährlichen Mehreinnahmen durch das „erhöhte Beförderungsentgelt (EBE) bei immerhin rund 450.000 Euro liegen.

Kein Wunder, dass der Essener Verkehrsbetrieb nun darauf drängt, dass nach dem Votum in Berlin schnell Taten folgen. Die im Bundesrat beschlossenen Verordnungen müsse nun vom Bundesverkehrsminister schnell in Gesetzesform gegossen werden - in diesem Fall also in das Personenbeförderungsgesetz und das Eisenbahngesetz aufgenommen werden. „Wir gehen davon aus, dass das zeitnah zum 1. Januar 2015 geschieht“, gibt sich Lars Walter erwartungsvoll. Er ist Sprecher des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), in dem auch die Essener Evag vertreten ist. Sollte sich das Verfahren bis zum 1. April verzögern, dann wird die Evag im nächsten Jahr 110.000 Euro weniger als erhofft von Schwarzfahrern kassieren.

Diskrepanz ermunterte zum Schwarzfahren

Die Evag hält die Erhöhung für überfällig: „Im europäischen Ausland sind die Strafen wesentlich höher. In Luxemburg und in der Schweiz kostet es bis zu 160 Euro, wenn man ohne Ticket erwischt wird. In Frankreich werden maximal 180 Euro fällig. Spitzenreiter ist Belgien mit einer Strafe, die bis zu 200 Euro erreichen kann“, argumentiert der Evag-Sprecher.

Er weist darauf hin, dass die EBE-Knöllchen seit dem Jahre 2003 nicht erhöht wurden. Seitdem sind aber nach einer VDV-Analyse die Fahrpreise bundesweit um 40 Prozent gestiegen. Diese Diskrepanz ermuntere immer mehr zum Schwarzfahren.

Essen schneidet gut ab

Die Verluste, die dadurch entstehen, sind enorm. Die Evag beziffert sie mit 4,8 Millionen Euro allein für 2013. Die Verkehrsbetriebe hatten 2013 über 1,8 Millionen Fahrgäste kontrolliert und dabei 38.400 Fahrgäste angetroffen, die kein gültiges Ticket vorzeigen konnten. Daraus ergibt sich eine Beanstandungsquote von genau 2,12 Prozent. Heißt: Im Vorjahr waren fast 2,5 Millionen Schwarzfahrer unterwegs - und davon werden nach wie vor die meisten nicht erwischt.

Im Städtevergleich schneidet Essen noch gut ab - und liegt fast gleichauf mit Düsseldorf (zwei Prozent). Die Via-Bündnispartner dagegen melden deutlich höhere Zahlen: In Duisburg sollen es doppelt so viele Schwarzfahrer sein. Die Duisburger Verkehrsgellschaft (DVG) errechnete für 2013 eine Quote von 4,7 Prozent. Auch Mülheim befindet sich mit 3,3 Prozent auf relativ hohem Niveau. Ebenso Köln mit 3,28 Prozent.

Je mehr Kontrolleure, desto mehr Schwarzfahrer werden erwischt

Der VDV geht in seiner Analyse von einem durchschnittlichen Schwarzfahrer-Anteil von 3 bis 3,5 Prozent aus, der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) von 2 bis 5 Prozent. VRR-Sprecher Johannes Bachteler gibt zu bedenken, dass nur Schätzungen möglich sind „weil es sich um ein Kontrolldelikt handelt“. Je mehr Kontrolleure unterwegs sind, um so mehr Fahrgäste würden ohne Ticket ertappt - insbesondere bei Schwerpunkteinsätzen.

Trotzdem: Dass die Nachbarstädte Bochum und Gelsenkirchen bundesweit Bestnoten vorweisen können, muss andere Gründe haben. Zu auffällig ist dort die besonders niedrige Quote von nur 0,6 Prozent! Die gemeinsame Verkehrsgesellschaft Bogestra hat dafür auch eine Erklärung parat. Auf den Verkehrslinien sind rund hundert Kundenbetreuer als Ansprech- und Servicepartner unterwegs, die freundlich Auskunft über den Fahrplan geben, Mobilitätsbehinderten dabei helfen, in die Bahn zu kommen, aber eben nicht nur das: Die überprüfen auch die Fahrscheine.

45.000 Stunden pro Jahr im Einsatz

„Sie sind gut an ihrer Dienstkleidung zu erkennen. Wer viel unterwegs ist, trifft immer wieder auf sie“, erzählt Bogestra-Sprecherin Daniela Stürmann. „Das Risiko, ohne Fahrschein ertappt zu werden, ist deshalb bei uns sehr groß.“ Und das gehen immer mehr potenzielle Schwarzfahrer nicht ein.

Die Evag wiederum verweist auf ihre Kontrolldichte, Schließlich seien ihre Prüfer 45.000 Stunden pro Jahr im Einsatz.