Essen. Das Rüttenscheider „Soul of Africa“-Museum hofft auf mehr Platz am neuen Standort. Rückenwind gibt es von Seiten der Politik und den heimischen Stiftungen. Doch nun drohen neue Verzögerungen

Bislang ist das „Soul of Africa“-Museum eine kleine, feine Adresse an der Rüttenscheider Straße 36. Bis zu 400 Besucher pro Monat lassen sich hier auf knappen 85 Quadratmetern in die Welt des Voodoo einweihen. Mit dem Umzug an einen neuen Standort, ein vom Energiekonzern RWE in Aussicht gestelltes altes Trafohaus an der Martinstraße, könnten Ausstellungsraum und Publikumsnachfrage deutlich steigen. Um- und Aufbau des neuen Museums wird mit 1,2 Millionen Euro kalkuliert, Stiftungen haben Bereitschaft signalisiert, bei Umbau und Unterhalt zu helfen. Ethnologe und Museumschef Henning Christoph sprach mit Martina Schürmann über Chancen und Herausforderungen eines neuen Afrika-Museums.

Herr Christoph, was macht die Sammlung so außergewöhnlich?

Henning Christoph: Die meisten sprechen ja vom Voodoo-Museum, aber es geht um viel mehr: um Magie, Heilung und Ahnenkult in West-und Zentralafrika. Was hier in den vergangenen 40 Jahren zu diesen Themen zusammengetragen wurde, ist schon einmalig. Denn die meisten Bestände der Völkerkundesammlungen wurden ja schon vor den 1930ern zusammengetragen, mit ganz anderem Ansatz.

Und Ihre Sammlung wächst weiter.

Christoph: Vor kurzem erst habe ich die Schenkung einer Essenerin bekommen, deren Vater Kartograph in Südwest-Afrika war. Mit seinen Tagebüchern, Fotos, Trophäen, Uniformen können wir die deutsche Kolonialgeschichte am konkreten Beispiel eines Esseners erzählen. Oder nehmen Sie die Schenkung eines italienischen Ethnologen: Den kubanischen Voodoo gibt es in keinem Museum in der Welt. Aber das alles lagert jetzt in den Depots des Ruhr Museums, weil ich keinen Platz mehr habe.

Sie haben zeitweise schon überlegt, Ihre Sammlung zu verkaufen, wenn sich keine langfristige Perspektive für die Präsentation der Exponate findet. Nun scheint die Lösung nah.

Christoph: Das Trafogebäude von RWE wäre ideal, so ein Gebäude findet man nicht wieder. Bislang sah auch alles sehr gut aus. Die Unterstützung, die wir nicht nur aus der Politik bekommen haben, ist einmalig. Einige Essener Stiftungen haben Bereitschaft signalisiert, uns beim Umbau und Betrieb finanziell zu unterstützen. Sogar die Unesco hat uns bescheinigt, dass wir nach deren Richtlinien arbeiten. Und der Landschaftsverband Rheinland hat uns 40 000 Euro für die Machbarkeitsstudie zugesagt. Aber dann gab es immer mehr Bedenken, zuletzt wegen möglicher Altlasten und der Stromkabel unter der Erde. Nun hat der LVR noch eine Inventur von uns gefordert. Aber wenn wir die nach den LVR-Maßstäben machen, müssen wird das Museum für mehrere Monate schließen und werden wieder ein Jahr verlieren. Und ob uns RWE das Gebäude dann noch zur Verfügung stellt, ist die Frage, schließlich gibt es eine Abrissgenehmigung.

Gibt es denn schon ein Ausstellungs-Konzept?

Christoph: Wir wollen kein Vitrinenmuseum eröffnen wie überall, wo man an fremden Exponaten vorbeigeht und wenig versteht. Wir wollen den Geist des alten „Soul of Africa“-Museums erhalten: Bei uns kann man Afrika riechen und spüren, das soll auch weiter so bleiben. Das neue Haus soll ja nicht nur ein Museum sein, sondern auch ein Bildungs- und Veranstaltungszentrum für afrikanische Kultur mit einer Aula für Filme und Vorträge. Dort können wir auch Schulveranstaltungen anbieten. Außerdem planen wir einen afrikanischen Biergarten mit Kiosk.

Afrika ist für viele heute das Land der großen Flüchtlingsströme. Sie wollen ganz andere Aspekte zeigen.

Christoph: Das ist mir sehr wichtig. Aber mein Mitstreiter Markus Matzel hat auch so einen Asylanten-Treck selber mitbegleitet und fotografiert, auch das wollen wir in einer Ausstellung zeigen. Wichtig ist, dass wir mehr über den Kontinent erfahren. Zu uns kommen Schulklassen wie Studenten, aber auch Rentnergruppen, die nie etwas mit Afrika zu tun hatten.

Einzigartige Auswahl afrikanischer Kunst

Das Essener „Soul of Africa“-Museum wurde im Jahr 2000 von Henning Christoph an der Rüttenscheider Straße 36 eröffnet. Das privat geführte Museum afrikanischer Kunst beheimatet eine weltweit einzigartige Sammlung von kultischen Zeugnissen der Vodun-Religion. Am 21. Mai wollen Vertreter von Stadt, RWE und LVR bei einem gemeinsamen Ortstermin über einen möglichen Umzug des Museums beraten.

Der Ethnologe, Fotojournalist und Filmemacher Henning Christoph hat den Kontinent über Jahrzehnte unzählige Male bereist und in großen Foto-Reportagen vorgestellt. Zuletzt ist sein Film „The Vodou Healer“ herausgekommen.

Am Sonntag 17.Mai, 14 Uhr, gibt es eine Sonderführung durch das „Soul of Africa“-Museum ohne Anmeldung für 8 Euro/Person