Essen. . Auf dem früheren Kutel-Gelände in Fischlaken stehen bereits die ersten Wohngebäude. Bis zu 800 Flüchtlinge sollen hier ab Dezember Platz finden.
Die Baustelle grenzt an eine Pferdekoppel, der Bauherr spricht von hoher Wohnqualität und dem geplanten „Dorfplatz“. Freilich entsteht auf diesem Baugelände an der Hammer Straße in Fischlaken kein neues Wohngebiet, sondern eine Asylunterkunft des Landes, die bis zu 800 Menschen Platz bieten soll.
Beim Ortstermin am Mittwoch präsentierten Vertreter von Stadt und Land mit Stolz die ersten von 270 Modulen, aus denen eine Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) entstehen soll. „Am 1. Dezember werden wir den Campus schlüsselfertig übergeben“, verspricht Dirk Miklikowski als Geschäftsführer der Grundstücksverwaltung Essen (GVE), die hier für das Land baut.
Errichtet werden zehn Wohngebäude: sechs mit je 100 Plätzen, vier mit je 50 Plätzen. Es wird Extra-Wohnbereiche für Frauen und unbegleitete Kinder geben und ein barrierefreies Erdgeschoss in Haus 5. Das Haus steht bereits; und während noch an anderer Stelle Baugrund hergerichtet wird, laufen hier Malerarbeiten: Effizienz ist das Stichwort, anders sei der ehrgeizige Zeitplan nicht zu schultern.
In nur sechs Wochen hat man die Gebäude des früheren Kutels abgerissen, 13 000 Tonnen Betonbruch produziert. Seit einer Woche nun werden Gebäude montiert; anderthalb Jahre Bauzeit würde man bei konventioneller Bauweise veranschlagen. Die angelieferten Module aber sind zu 40 Prozent vorgefertigt, erklärt Miklikowski. Vor Ort wird der Estrich angebracht, werden Leitungen verlegt – und Wände eingezogen. So entstehen vorwiegend Vier- sowie Zweibettzimmer.
Die Gebäude werden streng linear auf dem umzäunten Gelände angeordnet, so dass sich der Eindruck eines Lagers nicht ganz von der Hand weisen lässt. Auch diese Anordnung sei der Effizienz geschuldet, sagt Miklikowski. Die Module seien aber nicht nur deutlich größer als Container, sondern nach dem Innenausbau von Festbauweise nicht zu unterscheiden. Und: Sie halten quasi unbegrenzt.
Weil hier aber nicht nur eine Asyleinrichtung für mindestens 25 Jahre entstehen soll, sondern auch eine „neuen Typs“ werden die Gebäude später noch farblich aufgehübscht. Außerdem sind auf einer Nettogrundfläche von 14 500 qm Mensa, Spielhaus für Kinder, Sanitätsstation und Kiosk geplant – um den bereits erwähnten Dorfplatz.
Städtischer Bauherr im Auftrag des Landes
Der Rat der Stadt beschloss im Oktober 2014 und Januar 2015, auf dem Kutel-Gelände ein Asylheim mit 800 Plätzen zu bauen. Es handelt sich um eine Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) des Landes, in der Flüchtlinge registriert und untersucht werden, bevor sie in Dauerunterkünfte der Städte weitervermittelt werden. Die 800 Plätze werden aber auf die Zahl der Asylbewerber angerechnet, die Essen aufnehmen muss.
Die Stadt trägt die Investitionskosten von fast 33 Millionen Euro und vermietet das Heim für eine Mindestdauer von 25 Jahren an das Land (Vertrag 16.1.2015). Durch die Miete und Erstattungen des Landes spielt Essen die Baukosten wieder ein. Gebaut wird das Großasyl von der städtischen Grundstücksverwaltung (GVE).
Den Vorwurf, hier entstehe eine Schickimicki-Heim, weist Andreas Rudolph, zuständiger Dezernent bei der Bezirksregierung Arnsberg, zurück. Vielmehr solle diese Einrichtung Vorbild für alle anderen im Land werden. Und die Willkommenskultur soll sich nicht im gläsernen Eingangsbereich erschöpfen, an dem sich Flüchtlinge Tag und Nacht melden können: So werde es Kinderbetreuung geben und Integrationskurse – obwohl der Aufenthalt nur ein, zwei Wochen, längstens drei Monate dauern soll. Die Erstaufnahme dient als Verteiler: Von hier kommen die Bewohner in städtische Heime in ganz NRW, wo sie auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warten.
Ihren Asylantrag stellen sie sofort in der neuen Einrichtung in Fischlaken, wo sowohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit 65 als auch die städtische Ausländerbehörde mit 33 Angestellten vertreten sind: Die Kosten für die neuen Stellen erstattet das Land. Rechnet man die Mitarbeiter vom – vorläufigen — Betreiber European Homecare hinzu, entstehen über 200 Arbeitsplätze.
Und Sozialdezernent Peter Renzel betont, dass sich die Investition von fast 33 Millionen Euro für Essen am Ende rechne: In den 25 Jahren Laufzeit spare die Stadt eine Viertelmilliarde Euro. Auch weil die 800 Bewohner des Landes-Asyls auf Essens Flüchtlingsquote angerechnet werden. Sprich: Für sie müssen keine Plätze in städtischen Heimen geschaffen werden.