Essen. . Silke Eumann und Philipp Regener wollen als Klinikclowns kranke Kinder zum Lachen bringen. Eine Aufgabe, die sie berührt und an ihre Grenzen bringt. Bisher finanzieren sie ihre Arbeit aus Spenden. Das soll sich ändern
Clown Flocke hat die Spieluhr rausgeholt und singt: „Heute ist ein schöner Tag. Die Emily darf raus. Die Emily darf raus!“ Silke Eumann, die mit ihrem pinken Kleid, der Blume im Haar und der roten Nase in die Rolle des Clowns Flocke geschlüpft ist, sitzt mitten auf dem Flur der Kinderklinik. Eine Schwester schiebt einen Tropf über den Gang, eine andere kommt mit einer Spritze daher, die nächste holt das Essen ab.
Emily stört das alles nicht. Die Achtjährige schaut gespannt auf Flocke und ihren Clownskollegen Rufus. Der tanzt derweil zur Musik, macht Grimassen, hampelt herum. „Haha, der kann gar nicht tanzen“, sagt Emily, lacht und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Das an Krebs erkrankte Mädchen darf nach Tagen ihr Zimmer auf der Onkologie-Station verlassen. Sie trägt einen grünen Kittel und ein Mundschutz verdeckt ihr halbes Gesicht. Das breite Grinsen ist darunter trotzdem zu erkennen. „Humor ist eben heilsam“, sagt Silke Eumann (49).
Kinder zum Lachen bringen
Zwei Stunden versucht sie heute zusammen mit ihrem Kollegen Philipp Regener (38) die Jungen und Mädchen in der Unikinderklinik zu amüsieren, sie auf andere Gedanken zu bringen. Ihre auffälligen Verkleidungen machen sie zu „Flocke“ und „Rufus“. Die Zwei sind nicht nur freie Schauspieler, sondern auch Mitglieder des Vereins Clownsvisite. Mit einem kleinen Köfferchen voller Überraschungen ziehen sie von einem Zimmer zum nächsten, singen, tanzen, necken sich, stellen sich dumm. Ihr Ziel: Kinder zum Lachen bringen.
Auf dem Krankenhausflur riecht es nach Desinfektionsmitteln, Schwestern laufen in ihren weißen Kitteln vorbei, Ärzte machen sich auf zur Visite. Typisch Klinik eben. „Flocke“ und „Rufus“ fallen da sofort auf. „Wir sind die Einzigen, die nichts wollen: kein Bett aufschütteln, kein Blut abnehmen, keine Spritze geben, keine schlechten Nachrichten überbringen“, sagt Regener.
Silke Eumann ist schon seit 13 Jahren als Clown in Kliniken unterwegs. Damals war das Kind eines befreundeten Paares an Krebs erkrankt. „Da habe ich mich gefragt, was ich für solche Kinder tun kann.“ Glücksmomente bescheren – das will auch Philipp Regener. Er hat anfangs andere Clowns nur bei der Arbeit begleitet und hatte dann Lust, selbst in die Rolle des „Rufus“ zu schlüpfen.
Bunt, ein bisschen verrückt und mit viel guter Laune kommen die beiden in die Klinik. „Ich mag die Flocke ja lieber“, meint Emily, die längst nicht mehr die Einzige auf dem Flur ist, die sich um die beiden Clowns versammelt hat. Silke Eumann schnappt sich einen Rollstuhl, fährt über den Krankenhausflur und ruft: „Guckt mal, ich habe einen Liegestuhl!“ Philipp Regener hält sich die Hände vor die Augen. „Hey, warum ist es so dunkel? Ich sehe ja nichts“, ruft er in einem weinerlichen Ton. Emily und die anderen Kinder müssen lachen und schütteln den Kopf: „Der ist so eine Nervensäge!“
Nah am Schicksal der Kinder
Bei dem einen Kind ist Flocke der „bessere“ Clown, beim nächsten der Rufus. „Mit einem von uns sollen sich die Kinder immer verbünden. Der andere ist dann dafür da, Verantwortung zu übernehmen. Auch mal zu stoppen, wenn man zu weit geht“, sagt Silke Eumann. Sie nennen das die „Rot-Weiß-Technik.“
Heute soll auch die vierjährige Medina ein bisschen aufgeheitert werden. Schon seit eineinhalb Jahren ist die an Leukämie erkrankte Patientin auf der Station. „Oh, hier gibt’s ja Luftschlangen“, ruft Flocke, als sie sich den Schlauch vom Infusionsbeutel schnappt. Auf ihrem Kopf hat das Mädchen nur einen dünnen Haarpflaum, sie ist klein und zierlich. Dafür ist ihr Lachen umso stärker. Sie sitzt auf ihrer Bettdecke mit dem Elefantenmotiv, lässt ihre Beine baumeln und gluckst laut, als Clown Rufus mal wieder den Trottel gibt. Man merkt: Die drei kennen sich, sie gehen vertraut miteinander um.
Das macht die Arbeit für die Clowns aber nicht unbedingt leichter. „Es ist manchmal schwer, sich von den Schicksalen zu distanzieren. Ich bin einmal zu einer Beerdigung gegangen. Aber das berührt dann doch zu sehr“, sagt Silke Eumann. Auch Clowns können traurig sein.