Essen. . Sämtliche Träger erwarten mit Spannung den Verlauf des angekündigten Streiks in städtischen Betreuungseinrichtungen. Es geht mehr als um Geld

Der drohende, unbefristete Streik an Kitas und den Ganztagsbetrieben der Grundschulen betrifft nur städtische Einrichtungen – doch mit Spannung verfolgen alle anderen Träger von Kindertagesstätten die Entwicklung der nächsten Wochen: „Die Tarifauseinandersetzung hat Bedeutung für alle“, erklärt Wolf Ambauer, Geschäftsführer der Essener Arbeiterwohlfahrt (AWo, 19 Kitas in Essen). Mit erfahrungsgemäß einiger zeitlicher Verzögerung werden die Tarifverträge, die freie Träger oder Kirchen mit ihren Angestellten haben, stets an die ausgehandelten Verhältnisse des Öffentlichen Dienstes angepasst.

Ulrich Spie, der Vorsitzende des Essener Kinderschutzbundes (sieben Kitas im Stadtgebiet), befürchtet, dass ein neuer Tarifabschluss zugunsten der Angestellten im öffentlichen Dienst die freien Träger in erhebliche finanzielle Probleme bereiten könnte: „Wir müssen die Gehälter schließlich anpassen. Dafür müssten auch flächendeckend Mittel bereitgestellt werden.“

Wobei die meisten Beteiligten davon ausgehen, dass bei deutlichen Gehaltssteigerungen in Sozialberufen auch bundes- oder landesweit die Finanzierungsmodalitäten geändert werden würden: „Für die Kindertagesstätten würde das bedeuten, dass die Kindpauschalen deutlich nach oben angehoben werden müssen“, prognostiziert Björn-Enno Hermans, Geschäftsführer des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF, sechs Kitas im Stadtgebiet).

Mit „größtem Interesse“ verfolgt Hermans jetzt die Entwicklungen bei den städtischen Einrichtungen, nicht nur wegen Fragen der Finanzierung: „Dieser Streik wird ein großer Test darüber, ob die Gesellschaft wirklich dazu bereit ist, den Sozialberufen mehr Wertschätzung in Form von besserer Bezahlung zukommen zu lassen.“ Da sei die Arbeit mit Kindern erst der Anfang, findet Hermans: „Als nächstes wäre die Frage, ob die Altenpfleger gerecht entlohnt werden.“

Wolf Ambauer (Arbeiterwohlfahrt) teilt zwar die Ziele derjenigen, die jetzt in den Streik treten wollen, hält aber den Plan, den Streik unbefristet anzulegen, für „vollkommen überzogen“: „Die Solidarität der betroffenen Eltern“, prognostiziert Ambauer, „wird nach wenigen Tagen wegbrechen, da bin ich ziemlich sicher.“ Vergleichbare Vorgänge hat Ambauer bei sich im Haus erlebt, als bis Dezember 2013 Kitas und Sozialeinrichtungen der AWo dreimal bestreikt wurden. Auch Ulrich Spie findet, bei allem Verständnis für die Belange der Angestellten in Sozialberufen: „Dieser Streik wird, wenn er kommt, auf dem Rücken von Eltern und Kindern ausgetragen.“

Verdi-Fachbereichsleiterin Martina Peil hält dagegen: „Von unseren Bemühungen profitieren alle.“ Entsprechend setzt die Gewerkschaft auf eine lang anhaltende Solidarität und das Verständnis derjenigen, die womöglich ab Ende nächster Woche bei der Betreuung ihrer Kinder täglich neu improvisieren müssen.