Essen. . Am Handelshof soll der Szenetreff mit klassischer Musik weggedudelt werden. Das Experiment startet in Kürze. Suchtexperten sind skeptisch.

Mozart, Vivaldi oder Bach gegen lärmende Störenfriede: Thomas Campe, Hoteldirektor vom Mövenpick, macht jetzt Ernst und schlägt andere Töne an. In den kommenden Tagen werden an seinem Hotel Lautsprecher montiert, die den Heinrich-Reisner-Platz zwischen Handelshof und Haus der Technik mit klassischer Musik berieseln sollen. Die Dauerbeschallung soll bestenfalls die Szene, die sich auf den Treppen trifft, vertreiben. Mindestens aber soll die Aufenthaltsqualität auf dem Platz, der erst vor einigen Jahren teuer umgestaltet wurde, steigen. Das Konzept steht, der Hauseigentümer hat das Geld für die Lautsprecher – rund 3000 Euro – nun genehmigt. Mitte Mai könnte es also losgehen, hofft Campe.

Der Hotelier, der andere Anrainer des Platzes auf seiner Seite weiß, will dem Treiben vor seinem Haus nicht mehr tatenlos zusehen. Besonders in den Sommermonaten versammeln sich auf der Treppe gerne Jugendliche. Viele sind dem Jugendamt der Stadt bekannt. Vandalismus, Müll, Gewalt, wildes Pinkeln. Campe und anderen Geschäftsleuten reicht es. „Die Alternative heißt nichts tun, doch das kann auch nicht die Lösung sein“, sagt Campe. Deshalb soll die Musik, die Gema-frei ist, künftig von Mittag an bis abends 22 Uhr über den Reisner-Platz dudeln. Nur als Hintergrundmusik, betont Campe. „An die Nachtruhe werden wir uns penibel halten.“

Klassische Musik als „Kampfmittel“ gegen Trinker

Andere Städte hätten mit dieser Art des Weggeigens bereits gute Erfahrungen gemacht, meint er. Eine der ersten Städte, die klassische Musik als „Kampfmittel“ gegen Trinker und Junkies eingesetzt haben, war Hamburg. Die dortige Hochbahn beispielsweise beschallt seit Anfang der 2000er-Jahre ausgesuchte Haltestellen. Ein Sprecher sagt, das Projekt sei erfolgreich. Fahrgäste fühlten sich durch die Musik zudem sicherer. „Das ist aber eine gefühlte Wirkung“, räumt der Sprecher ein. Wissenschaftliche Erkenntnisse dazu oder Messungen gebe es nicht.

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Bei der Essener Suchthilfe sieht man Campes Pläne mit einer gehörigen Portion Skepsis. „Wir haben viele Fragezeichen und fragen uns, was das Ganze soll“, sagt Geschäftsführerin Bärbel Marrziniak. Ihr seien jedenfalls keine Studien bekannt, die eine solche Wirkung belegen würden.

Aus Sicht der Stadt spricht juristisch zunächst nichts gegen das Musik-Experiment. Vor allem solang es darum geht, die Aufenthaltsqualität auf dem Platz zu verbessern.