Das Hotel Mövenpick will Jugendliche mit klassischer Musik beschallen und vertreiben. Martina Schürmann kommentiert: Klassik ist keiN Kampfmittel.

Vivaldi gegen Vandalen: Allein die Losung dürfte in der Kulturhauptstadt Essen für Stirnrunzeln sorgen. Ist man hier stolz auf seine lange Musiktradition und die großen Konzertadressen, sollen die dort tonangebenden Wunderknaben und Tastengötter nun in Bahnhofsnähe zur bloßen Abschreckung dienen.

Welche Musik einen in die Flucht treibt, ist Geschmackssache. Bei dem einen wird ein „Wildecker Herzbuben“-Lied diese abschreckende Wirkung haben wie beim anderen ein gitarrenbretternder AC/DC-Song. Die gleichermaßen simple wie anmaßende Annahme aber, einer bestimmten, unerwünschten Gruppe von Menschen den Aufenthalt mit einer Mozart-Sinfonie zu vergällen, während sich der Rest der Bevölkerung mit „Vier Jahreszeiten“-Begleitung entspannt auf den Weg zum Shopping-Center macht, das scheint doch reichlich kurz gedacht.

Wenn schon, denn schon, raten wir zu stärkeren musikalischen Mitteln: Schönberg, Cage, Berg, mindestens. Aber davon wird man am Heinrich-Reisner-Platz nichts hören. So sollen Bach und Beethoven künftig erledigen, was den Ordnungskräften bislang nicht gelungen ist. Man kann viel halten von der Kraft der klassischen Musik. Hier wird sie gründlich missverstanden.

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