Steele. Die Herz-Jesu-Kirche am Buschgarten in Essen-Steele wurde vor Jahren geschlossen. Ein Dorstener Projektentwickler will sie nun zum Wohnparadies umbauen lassen.

Eine Kirche ist ein Ort der Ruhe, der Besinnung und auch eine Zuflucht. Aber ein Zuhause mit Küche, Bad und Wohlfühlcouch? Die Terra Bau und Immobilien, ein Dorstener Projektentwickler, will die frühere Herz-Jesu-Kirche der Laurentiusgemeinde in ein Wohnparadies für gehobene Ansprüche verwandeln. Wohnen unter dem Dach des Herrn.

Der Weg Am Buschgarten, der zur alten Kirche führt, ist steil und ein wenig beschwerlich. Und doch herrscht Leben auf der Straße. Hier gibt es neben einer Kindertagesstätte, die auf den schönen Namen „Pusteblume“ hört, auch die Marienschule, eine Hauptschule mit zwei Gebäuden ober- und unterhalb der Kirche gelegen. „Lehrer und Schüler pendeln hier auf einem nichtöffentlichen Weg“, erklärt Mike Cornelis. „Und das wird auch so bleiben, wenn der Kirchenumbau abgeschlossen ist.“

Cornelis rechnet mit 1800 Quadratmetern Fläche

Cornelis ist Geschäftsführer der Terra Bau, die das Projekt im Auftrag eines privaten Eigentümers entwickelt. Seine Informationen kommen schnell, exakt und sind so schnörkellos wie die Fassade der ausgedienten Kirche selbst. „Das Wort Bunker höre ich oft, doch für mich ist das eine Burg im Berg.“ Um fast schwärmerisch anzumerken: „Eine Burg mit fünf Türmen.“

Das Poster am vernagelten Seiteneingang der Kirche wirbt für die Studio Bühne Essen: „Anne Frank Tagebuch. Premiere am 5. November 2013.“ Alles Geschichte, vergessen – so wie die Herz-Jesu-Kirche selbst. Der Kirchenbau in Steele begann 1962. Vier Jahre später folgte die Einweihung. Doch seit 2005 ist das profanierte Gotteshaus so verlassen, wie eine Kirche nur sein kann. Es gibt keinen Altar, alle Kirchenbänke sind verschwunden. Die Orgel befindet sich längst in Privatbesitz. Auch die Beichtstühle wurden entfernt, nur die Kammern sind noch da – mit ihren schweren Holztüren. „Die sind noch gut in Schuss und kosten ein kleines Vermögen“, sagt Cornelis, weshalb er nicht ausschließen will, diese in die künftigen Wohnungen zu integrieren.

Auch der Glockenturm ist leer, seit das Geläut einen neuen Platz in der Nachbargemeinde fand. „Hier soll ein Aufzug bis zur Dachterrasse führen“, erklärt Cornelis, und vor seinen Augen entsteht eine Vision: „Wir stehen praktisch im Erdgeschoss. Hier könnte eine Verweilfläche für alle Bewohner hin. Mit vielen Pflanzen.“ Vier Nutzebenen sind geplant. Die exponierte Hanglage lässt eine Wohnung im Untergeschoss zu. Wo die Orgel stand, liegt der erste Stock. „Wir rechnen mit bis zu 1800 Quadratmetern Nutzfläche; je nachdem, wie weit wir die Türme nutzen.“

"Wohnen wie Gott in Steele"

Planungsrechtlich ist dies möglich, denn der Bestandsschutz – normalerweise der Alptraum eines jeden Architekten – ist eher Chance denn Hemmschuh. „Es gibt keinen Bebauungsplan. Wenn wir die Kirche abreißen würden, müssten wir uns an der ortsüblichen Bebauung orientieren“, zeigt Cornelis auf die kleinen, zweigeschossigen Reihenhäuschen an der Krekeler Straße. „So aber können wir hier die volle Höhe der Kirche nutzen.“

Anbauten, beispielsweise Balkone, sind kein Segen Gottes, „aber auf Sonderantrag möglich“, erklärt Julia Romswinkel, die mit der Planung betraute Ingenieurin. Derzeit schiebt sie Sonderschichten im Bauarchiv der Stadt, setzt die zum Teil lückenhaften Informationen in 3-D am Computer um. Die Kirchenfassade ist reizvoll. Nicht Putz und Klinker, sondern ein Materialmix mit teililluminierten Glasflächen schwebt ihr vor. Was das kostet, hängt davon ab, wie teuer die Sanierung wird. „Die Kirche wurde wegen des feuchten Mauerwerks geschlossen.“ Wer das bezahlen soll, weiß Cornelis schon eher: „Wir planen für Kunden mit überdurchschnittlichem Gehalt.“ Damit es – in Anlehnung an das Sprichwort – schon bald heißt: „Wohnen wie Gott in Steele.“

Was bleibt von einer Kirche, die keine mehr ist? Noch dazu, wenn sie künftig Wohnraum für betuchte Kunden bieten soll?

Mike Cornelis, Geschäftsführer der mit dem Umbau betrauten „Terra Bau + Immobilien“, sieht sich mit dieser Frage nicht zum ersten Mal konfrontiert. In Bottrop entwickelt er eine alte Bäckerei, in Dorsten eine historische Mühle. „Doch beide werden abgerissen, da die Substanz einfach zu schlecht war.“

In Falle der Steeler Herz-Jesu-Kirche sieht er sich eher als Bewahrer: „Es wird auch nach dem Umbau kleine Hinweise auf die alte Kirche geben.“ Beispielsweise die Inschrift am Zugang zum Keller: „Der Hauptstein ist Christus Jesus“ – zum Gedenken an Pfarrer Josef Roemer, der nach 13 Jahren aus dem Amt schied.

Auch die Pfeifen als letzter verbliebener Teil der Kirchenorgel, sollen in den Umbau integriert werden. Ebenso wie die Beichtkammern, die sich künftig in den Wohnungen im Erdgeschoss des Hauses wiederfinden werden.