Essen. . Vergeblich forderte der Essener Tierschutzverein mehr städtische Mittel. Nun solle sich die Stadt selbst um Fundtiere kümmern – das sei ja ihre Pflicht.

Der Tierschutzverein hat die Geduld verloren: Nach vergeblichen Verhandlungen mit der Stadt kündigt der Verein zum 30. Juni den Vertrag mit der Stadt. Die müsste sich damit in Zukunft selbst um Fundtiere, von Meerschweinchen bis Bernhardiner, kümmern, denn das ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Derzeit trägt das private Tierheim das Gros der Kosten von jährlich 840 000 Euro. Der städtische Zuschuss von 200 000 wurde seit den 80er Jahren nicht erhöht. Findet sich nicht noch eine Lösung, müsste sich die Stadt womöglich um ein eigenes Tierheim bemühen.

Die Vorsitzende des Tierschutzvereins, Elke Esser-Weckmann, hatte sich monatelang um eine Einigung mit der Stadt bemüht, und dem zuständigen Ordnungsdezernenten Christian Kromberg zuletzt in einem Schreiben vom 11. März eine Frist bis zum 27. März gesetzt. „Wir werden bis dahin keine einvernehmliche Lösung finden“, erklärte Kromberg dazu am Donnerstag. Und Elke Esser-Weckmann folgert: „Dann geht jetzt die Kündigung raus.“

Kosten für Versorgung von Fundtiere sind deutlich gestiegen

Der Tierschutz könne es sich einfach nicht länger leisten, ein Rundumsorglos-Paket zu diesem Preis und den Bedingungen wie bislang zur Verfügung zu stellen.

Finanzieller Spielraum fehlt

Die jährlichen Kosten des Tierheims belaufen sich auf 1,4 Millionen Euro. Die Versorgung der Fundtiere macht mehr die Hälfte davon aus. Insgesamt versorgt der Verein jedes Jahr 2000 Tiere im Auftrag der Stadt.

2014 wird in der Bilanz des Tierschutzvereins wieder ein Minus stehen, sagt Elke Esser-Weckmann, die weiß, dass es anders geht.

Die Stadt Dortmund etwa betreibt ihr Tierheim selbst, dem Tierschutzverein blieb Geld, um Hundewiesen einzuzäunen und zu pflegen. Auch die Essener haben Ideen (Zuschuss zu Kastration von Katzen, Fahrdienst zum Tierarzt), allein, es gibt keinen finanziellen Spielraum.

Wenn Wellensittich oder Katze im Tierheim an der Grillostraße landen, kümmert sich das Team um deren Versorgung, Futter und Tierarztbehandlungen. Diese Kosten seien im Laufe der Jahrzehnte deutlich gestiegen, auch weil die Fundtiere in immer schlechterem gesundheitlichen Zustand sind.

Darum hatte die Vorsitzende bereits im Vorjahr dringend eine Anpassung der Verträge angemahnt und einen städtischen Beitrag von 560 000 Euro gefordert. Im Oktober gab es erste Gespräche mit dem Ordnungsamt, im Januar traf sich Esser-Weckmann mit Ordnungsdezernent Kromberg sowie mit Vertretern von Feuerwehr und Ordnungsamt. Das Gespräch verlief harmonisch, das Ergebnis war ernüchternd: Obwohl alle Beteiligten sagten, dass sie die Zusammenarbeit fortsetzen wollten, bot die Stadt nur eine jährliche Erhöhung um 60 000 Euro für 2015/16 an. Das lehnten die Tierschützer ab.

Tierschutzverein fordert 840 000 Euro im Jahr

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Inzwischen lautet die Forderung des Vereins: 840 000 Euro im Jahr – die realen Ausgaben für die Fundtiere, sagt Esser-Weckmann. Zuletzt habe es millionenschwere Anpassungen – etwa beim Sport – gegeben. „Für alles ist Geld da, nur für den Tierschutz nicht.“ Dabei sei der eine Pflicht, die jede Stadt leisten müsse. In anderen Kommunen etwa übernehme die Feuerwehr Aufgaben wie das Einfangen von Katzen in verwahrlosten Wohnungen. Hier erledigen Tierschützer diese oft belastende Aufgabe.

„Wir müssen also über Finanzen und über die Aufgaben sprechen“, sagt Elke Esser-Weckmann. Denn den Tierschützern bleibe für vieles kein Geld übrig; dazu gehöre die Kastration von verwilderten Katzen, deren Zahl in Essen auf gut 20 000 gestiegen sei. Darum also schicke sie heute die Kündigung an die Stadt. „Ab Juli tragen wir jedes gefundene Meerschwein und jeden Fundhund ins Rathaus.“ Bis dahin sei der Tierschutzverein aber zu Verhandlungen mit der Stadt bereit. Und Kromberg versichert, dass das auch umgekehrt gelte.