Essen. Zwei Flaschen Bier trank er, hatte Haschisch dabei. Deshalb nahm die Polizei einen gerade aus der Haft entlassenen Sexualstraftäter wieder fest.

13 Jahre lang war der Vergewaltiger inhaftiert. Als er entlassen wurde, währte die Freiheit nur kurz. Acht Stunden später nahm die Polizei in Essen ihn fest. Er hatte Bier getrunken und damit gegen Auflagen der Justiz verstoßen. Dafür musste er sich vor dem Amtsgericht verantworten.

Auf einen Verstoß gegen die Auflagen der Führungsaufsicht und Drogenbesitz lautete die Anklage von Staatsanwältin Beke Nossek. Ursprünglich hatte sie den Fall am Landgericht angeklagt, weil sie Anzeichen für mindestens zwei Jahren Haft sah. Doch die Kammer eröffnete das Verfahren am Amtsgericht, weil ihr zwei Flaschen Bier und zwölf Gramm Haschisch nicht so strafwürdig erschienen.

Raub und Körperverletzung

Der Fall zeigt, wie umfassend mittlerweile Sexualstraftäter von Polizei und Justiz überwacht werden. 34 Jahre alt ist er; und obwohl er 13 Jahre im Gefängnis saß, weist sein Strafregister bereits 18 Einträge auf. Aus Erfurt stammt er, lebte mal in Kinderheimen, mal bei seiner Mutter.

Mit 14 Jahren schickte ihn das Jugendamt zu „erlebnispädagogischen Maßnahmen“ nach Griechenland und Island. Es half nichts. Seit seinem 16. Lebensjahr stand er regelmäßig wegen Raub und Körperverletzung vor Gericht. Seine übelsten Taten verübte er in Haft.

Heimlich gebrannter "Knast"-Alkohol

Im Jahr 2000 vergewaltigte er einen Mithäftling. Außerdem misshandelte er ihn. Laut Gericht wollte er seine Vormacht beweisen.

Zwei Jahre später, diesmal in der Justizvollzugsanstalt Tonna, fand er in einem Zellengenossen, der wegen Missbrauchs von Kindern einsaß, ein neues Opfer. Er schlug und vergewaltigte ihn in der Zelle. Als Erklärung für seine sadistischen Taten mag gelten, dass er heimlich gebrannten „Knast“-Alkohol trank.

"Sie stehen unter Beobachtung"

Für die Zeit nach seiner Entlassung kam er unter Führungsaufsicht. Weil der Großteil der Taten unter Alkohol passierte, verbot ihm die Justiz Alkohol. Als er am 11. Januar 2015 entlassen wurde und in Erfurt den Zug nach Essen bestieg, hatte die Justiz schon längst die Polizei in NRW alarmiert. Mit dem „Kurs“-Programm überwacht sie Sexualstraftäter. Am Hauptbahnhof empfing die Polizei ihn, stellte Alkohol und Rauschgift fest. Acht Stunden nach seiner Entlassung kam er in U-Haft. Zwei Monate später verurteilte ihn Amtsrichterin Gaury Sastry zu vier Monaten Haft mit Bewährung. Aus der Haft kam er frei.

Aber im Zuhörerraum erhoben sich drei Polizisten und legten ihm die elektronische Fußfessel an – einen Ortungssender. der auch zu den Auflagen der Justiz gehört. Danach „baten“ sie ihn zum Gespräch. „Sie stehen unter Beobachtung und werden regelmäßig überprüft“, warnte Richterin Sastry den Neu-Essener.