Essen. Wer beim Fahren aufs Smartphone starrt, simst oder telefoniert, erhöht die Unfallgefahr immens. Die Essener Polizei ahndete allein im Vorjahr rund 6.500 Verstöße. Eine deutliche Zunahme

Das Handy wird zu einer immer größeren Gefahr im Straßenverkehr. Autofahrer telefonieren mit dem Smartphone am Ohr, lesen gar beim Fahren ihre Mails oder die aktuellen Aktienkurse. Geht ganz schnell. Dauert doch nur eins, zwei, drei Sekunden...

Doch in dieser Zeit sind sie praktisch wie im Blindflug durch die Wolken unterwegs. Und dabei kann es zu den schlimmsten Unfällen kommen, warnen fast wortgleich die Polizei, die Verkehrswacht und der ADFC in Essen. Das Polizeipräsidium beklagt nicht nur ein fehlendes Unrechtsbewusstsein, es beobachtet auch eine deutliche Zunahme der verbotenen Handy-Nutzung auf Essens Straßen.

Allein im Vorjahr wurden knapp 6.500 Autofahrer dabei erwischt, 921 mehr als im Jahre 2013. „Wir sehen es überall“, beklagt Polizeisprecher Peter Elke. „Es wird munter telefoniert.“

Verstöße konsequent ahnden

Die Polizeistreifen sind sensibilisiert, achten jetzt noch stärker auf Handy-Sünder. „Wir verfolgen das konsequent“, betont der Polizeisprecher. Doch auch die Verschärfung des Bußgeldkataloges im vergangenen Jahr hat bisher zu keiner Trendwende geführt. Ertappte Autofahrer müssen 60 statt 40 Euro Bußgeld zahlen. Hinzu kommt ein Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei. Und wer acht Punkte „gesammelt“ hat, der muss seinen Führerschein abgeben, „der kann dann auf das Fahrrad umsteigen oder zu Fuß gehen“, so Elke.

Die Polizei mahnt nochmals eindringlich, gar nicht oder nur mit einer Freisprecheinrichtung im Auto zu telefonieren. Das Handy in der Hand „führt zu einer deutlichen Reduzierung der Aufmerksamkeit. Das Risiko ist immens hoch, dass in diesem Moment etwas passiert, weil das Auto etliche Meter unkonzentriert durch den Verkehr geführt wird“, berichtet Elke. „Und jeder Meter entscheidet, ob ein Fußgänger bei einem Unfall mit einem Auto schwerste oder gar tödliche Verletzungen erleidet.“ Sein Tipp: Wer unbedingt telefonieren will, soll am Straßenrand parken.

Karl-Heinz Webels, Vorsitzender der Verkehrswacht in Essen, kann nur den Kopf schütteln, wenn er den sorglosen Umgang mit dem Handy im Verkehrsalltag beobachtet. „Es gibt sogar Leute, die schreiben beim Fahren am Steuer eine SMS“, ärgert er sich. „Die sind total abgelenkt.“ Autofahrer, die zum Handy greifen, können in ihrer Aufnahmefähigkeit ähnlich stark eingeschränkt sein wie Angetrunkene. „Der Blickkontakt zur Straße darf niemals abgebrochen werden“, unterstreicht Webels. Und überhaupt: „Es ist nicht zwingend, jederzeit erreichbar zu sein“, findet er.

"Beide Hände ans Steuer, beide Hände an den Lenker!"

Fußgänger dürfen zwar das Handy benutzen, aber auch davon rät er dringend ab, ebenso davon, im Straßenverkehr Musik über Kopfhörer zu hören. „Auch Fußgänger müssen sich konzentrieren.“ Und das geht mit dem Stöpsel im Ohr überhaupt nicht. Webels: „Durch das emotionale Mitgehen mit der Musik verliert man den Kontakt zur Außenwelt. Das kann man beim Joggen im Wald machen, aber nicht auf der Straße.“

Der Essener ADFC erlaubt inzwischen bei seinen organisierten Fahrradtouren keine Radiomusik mehr, weil die Gruppe dadurch abgelenkt werden könnte. Das Telefonieren auf dem Radl ist sowieso verboten und wird mit einem Bußgeld von 25 Euro geahndet. „Trotzdem beobachten wir hier im Straßenverkehr immer wieder, dass Leute nur eine Hand am Lenker haben und das Handy in der anderen Hand. Das ist ein Phänomen“, sagt der Essener ADFC-Vorsitzende Jörg Brinkmann. Doch beim Thema Sicherheit gilt für Radler dasselbe wie für Autofahrer. Brinkmann: „Beide Hände ans Steuer, beide Hände an den Lenker!“

Gerade für Radfahrer sei es kein Problem, zu stoppen und vom Radl zu steigen, um ein Telefongespräch zu führen. Sie müssen dafür nicht mal einen Parkplatz suchen.