Essen. Notfallpraxen am Philippusstift in Borbeck und am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Rüttenscheid sollen geschlossen werden. Sorge um Patientenversorgung.

„Hier steppt der Bär“, hieß es an Karneval in Borbeck. Und damit war nicht etwa die Stimmung beim Kostümball gemeint. 380 Patienten suchten am Wochenende die Notfallpraxis am Philippusstift auf, viele davon grippebedingt. Geht es jedoch nach dem Willen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, dann hat es sich bald ausgetanzt. Denn die Borbecker Notfallpraxis, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert, steht vor dem Aus. Zwei der stadtweit vier Anlaufstellen will die KV aufgeben.

Zwar heißt es bei der KV Nordrhein in Düsseldorf, über konkrete Standorte sei noch keine Entscheidung gefallen. Für Dr. Jörg Schmeck, Geschäftsführer der Borbecker Notarztpraxis, ist es jedoch ein offenes Geheimnis, dass neben der Anlaufstelle an der Hülsmannstraße auch die am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Rüttenscheid geschlossen werden soll. Patienten müssten dann mit den verbliebenen Notfallpraxen am Marienhospital in Altenessen und am Alfried-Krupp-Krankenhaus in Steele, dem ehemaligen Lutherhaus, Vorlieb nehmen, wo sie ärztliche Hilfe außerhalb der üblichen Sprechstunden finden.

2500 Patienten pro Quartal

Die Folge seien absehbar: längere Wege und längere Wartezeiten. Im Zweifel blieben Patienten gar Zuhause – auf Kosten der eigenen Gesundheit, warnt Schmeck. „Aus einer Grippe wird dann eine Lungenentzündung.“ Den Beschluss der KV nennt der Mediziner zynisch. „Das ist Gesundheitspolitik auf dem Rücken der Patienten.“

Dr. Jörg Schmeck will das drohende Aus für die Borbecker Anlaufstelle nicht widerstandslos hinnehmen angesichts von 2500 Patienten pro Quartal und denkt über Unterschriftenlisten nach. Sei es doch mehr als fraglich, ob die Notfallpraxis am Marienhospital den zu erwartenden Andrang überhaupt noch bewältigen könne.

Eingeschränkte Öffnungszeiten

Auch Manfred Sunderhaus, Geschäftsführer der Katholischen Kliniken Essen-Nord, zu denen auch das Philippusstift gehört, sieht das mit Sorge. Sein Szenario: Ein Großteil der Patienten sucht die ohnehin stark frequentierte Krankenhaus-Ambulanz auf, wo die Notärzte sich dann vergleichsweise harmlosen Erkrankungen annehmen müssten. „Und das bei unseren kostenintensiven Strukturen“. Sunderhaus verweist auf den hohen Kostendruck unter dem die Krankenhäuser bereits stehen. Mit den Kosten argumentiert auch KV-Sprecher Christopher Schneider. 76 Millionen Euro zahlen die Krankenkassen pro Jahr für die Notfallversorgung. Das ist offenbar nicht genug. Im vergangenen Jahr musste die KV einen Millionenbetrag zuschießen. Konkrete Zahlen nennt Schneider nicht.

Der Beschluss zur Reduzierung der Notfallpraxen soll im Verlauf von ein bis zwei Jahren umgesetzt werden. Denkbar, so Schneider, seien auch Dependancen der verbliebenen Einrichtungen mit eingeschränkten Öffnungszeiten. Sicher ist das nicht.