Rüttenscheider Oktoberfest war laut Verwaltungsgericht rechtswidrig
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Essen. . Viel zu laut für die Anwohner: Die Genehmigung des Rüttenscheider Oktoberfestes war rechtswidrig. Das Verwaltungsgericht bescheinigte der Stadt, geltende Regeln missachtet zu haben.
Großveranstaltungen auf dem Messeparkplatz 2 wie das Rüttenscheider Oktoberfest sind hoch gefährdet. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat am Dienstag auf Antrag von Anwohnern die Genehmigungen der Stadt für die Gaudi im vergangenen Herbst 2014, zu der immerhin etwa 30.000 Besucher kamen, für rechtswidrig erklärt.
Obg’watscht is, um im bajuwarischen Jargon zu bleiben: Juristisch betrachtet mussten die Vertreter der Kommune am Dienstag mehr als eine schallende Ohrfeige einstecken. Nach Ansicht der 19. Kammer hatte die Gemeinde nicht einmal die einfachsten rechtlichen Hausaufgaben erledigt. Der Vorsitzende Richter Maik Borgschulze sparte nicht mit drastischen Worten.
„Da bleibt einem fast die Sprache weg angesichts dieser ziemlich derben Fehlentwicklung“, formulierte er. Er und seine vier Kolleginnen und Kollegen vermissten jede neutrale und auch kritische Distanz zu dem Geschehen in und rund um das riesige Festzelt auf dem Platz hinter dem Girardet-Haus. Für das Gericht stand offenkundig fest, dass die Verantwortlichen der Stadt sich zu eindeutig auf die Seite der Großveranstalter zu Ungunsten der Anwohner geschlagen hatten.
Oktoberfest in Rüttenscheid 2014
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Stadt erwartet Verständnis
Schon im Sachbericht des Berichterstatters wurde erkennbar, dass die Stadt von den Anwohnern schlichtweg Verständnis für das Volksfest erwartet und verlangt hatte. Deren Beschwerden und rechtliche Schritte schon beim ersten Fest 2013 wurden schlichtweg immer mit dem enormen öffentlichen Interesse an der Sause beantwortet. Lärm aus und neben dem Zelt müssten die Nachbarn vom 2. bis zum 11. Oktober 2014 ertragen, denn es handele sich um ein einziges und einmaliges Ereignis, hieß es. Lautstärkegrenzen, die nach dem Gaststättengesetz hätten gesetzt werden müssen, waren für die kommunalen Beamten ohne Belang. Ärger der Anwohner über den Krach von heran- oder abziehenden Besuchern sei ebenso nicht steuerbar wie der zu- und abfließende Autoverkehr.
Da waren die Richter völlig anderer Meinung. Vom Gesetzgeber festgeschriebene Lärmwerte müssten beachtet werden. Immer nur mit der „Einmaligkeit der Veranstaltung“ zu argumentieren, sei juristisch haarsträubend. Das hieße ja sonst, dass von solch einem Fest gänzlich unbegrenzter Krach ausgehen dürfe. Die Stadt schien hingegen von dem Motto auszugehen „Augen zu und durch“. Weil das Oktoberfest eine beliebte und angenommene Veranstaltung sogar für auswärtige Besucher geworden war.
Oktoberfest 2015 fraglich
Was heißt das gestrige Urteil für eventuelle Oktoberfeste in 2015 oder den folgenden Jahren? Die Richter stuften das Quartier als Mischgebiet ein. In solchem Terrain sind Lärmwerte von 60 dB(a) tagsüber und 45 db(a) nachts einzuhalten. Das ist schwer zu garantieren. Für die Stadt bedeutet eine neue Genehmigung einen sehr hohen Verwaltungsaufwand und für den Veranstalter vermutlich sehr viele Auflagen. Und Nebenlärmquellen wie der Autoverkehr müssen gesondert berücksichtigt und gesteuert werden.
Ohne Wirkung blieb das Argument der Stadtvertreter, das Oktoberfest sei ein „seltenes Ereignis“, für das erhöhte Lärmwerte gelten. Auch die seien nicht eingehalten, so Richter Borgschulze. Zudem sei es kein „seltenes Ereignis“. Denn zusammen mit der „kulinarischen Meile“ gingen an deutlich mehr als zehn Tagen Veranstaltungen in Rüttenscheid über die Bühne.
Auch die Sonderveranstaltungen von RWE und ein Seniorennachmittag hätten nach Ansicht des Gerichts im Festzelt nicht stattfinden dürfen. Und besonders der Einwand der Stadt, die Anwohner sollten doch die Fenster schließen, dann hörten sie 30 dB(A) weniger Lärm, verwunderte die Kläger wie auch das Gericht. Ein juristischer Zwang dazu besteht offenkundig nicht.
In diesem Jahr heißt’s dann wohl: Servus Oktoberfest.
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