Essener Stadtteile. . Die Idee des Essener Sozialdezernenten, Laufzeiten für Einrichtungen zu verlängern, sorgt in Stadtteilen und bei Flüchtlingsorganisationen für Unruhe.

Für den Sozialdezernenten war es ein einfaches Rechenexempel, bei manchem Anwohner hat die Idee jetzt für Unmut gesorgt: Wenn man die Behelfseinrichtungen für Asylbewerber nicht wie geplant zeitnah vom Netz nehme, so Peter Renzel, müsse man in naher Zukunft lediglich 400 neue Plätze in Asylheimen schaffen – andernfalls wären es 960. Die Entscheidung, wie die Stadt den weiter wachsenden Flüchtlingszahlen begegne, sei freilich Sache der Politik.

Vor allem in Frintrop hat der Dezernent damit für neue Unruhe gesorgt: Die Behelfseinrichtung in der früheren Walter-Pleitgen-Schule war Gegenstand zahlreicher erhitzter Diskussionen, seit der Standort Mitte 2013 erstmals benannt wurde. Da hatten viele Anwohner noch kaum verdaut, dass die Grundschule geschlossen worden war und ihre Kinder nun längere Schulwege zurücklegen müssen. Als problematisch empfanden sie auch die besondere Enge der Straße Im Neerfeld, wo sich Wohnhäuser gleichsam an das Schulgelände schmiegen. Und schließlich gibt es im Stadtteil ein Gefühl von Niedergang und Benachteiligung. „Stadt Essen hintergeht Frintroper Bürger“, steht auf dem Banner, das Anwohner nun zum wiederholten Male hissten.

550 Plätze in Behelfseinrichtung

Auch die stellvertretende Vorsitzende des Frintroper CDU-Ortsverbandes Regina Hallmann hat nun erklärt: „Wir vertreten weiter die Auffassung, dass es keine Dauerlösung mit Behelfseinrichtungen geben darf.“ Ihren Parteifreund Renzel erinnerte die Ratsfrau an einen entsprechenden Ratsbeschluss vom November 2013. Renzel dagegen hat erklärt, dass es kein Versprechen, sondern lediglich eine Absichtserklärung zur Laufzeit der Heime gegeben habe. Tatsächlich formulierte die Stadt im Februar 2014 in einer offiziellen Information so: „Die Behelfseinrichtungen Dilldorf und Frintrop werden aufgegeben, sobald genügend Plätze in den neu gebauten Unterkünften zur Verfügung stehen. Nach den Plänen der Verwaltung könnte dies nach Ende des Winters 2014/15 sein.“

Behelfseinrichtungen in Essen  
StandorteAnzahl der PlätzeJahr der Eröffnung
Dilldorfschule78seit 2013
Walter-Pleitgen-Schule, Frintrop89seit 2013/2014
Schule Kapitelwiese, Stoppenberg140seit 2014
Schule Tiegelstraße, Nordviertel120seit 2014
Schule Hatzper Straße, Haarzopf70seit 2014
Wohnheim Pregelstraße, Bergerhausen50seit 2014

Könnte. Nun ist der Winter da, und es gibt eben nicht genügend Plätze. Dabei kamen zur Dilldorfschule, die gut 80 Plätze bietet und noch vor der Pleitgen-Schule eröffnet wurde, im vergangenen Jahr weitere Behelfseinrichtungen hinzu (siehe Tabelle). Rund 550 Plätze gibt es demnach in allen Behelfseinrichtungen, mit denen die Stadt jeweils einer akuten Notsituation begegnen wollte. Etwa genausoviele Plätze bieten die städtischen Dauerunterkünfte: Insgesamt 1040 Asylbewerber lebten Ende 2014 in Heimen der Stadt. Dazu kamen 450 Flüchtlinge, die in der Landeseinrichtung im Opti-Park untergebracht sind – und auf die Essener Flüchtlingsquote angerechnet werden. Andernfalls wäre die Situation noch heikler.

Viele Stadtteile mit Runden Tischen und engagierten Nachbarn

Gegen eine automatische Laufzeitverlängerung für die notdürftig umgerüsteten Schulgebäude wehren sich nicht nur empörte Anwohner: Auch Flüchtlings-Organisationen und viele Ratsmitglieder tun sich schwer mit einer Weiternutzung der Provisorien. Wie es weitergeht, wird sich bis zur Ratssitzung im März zeigen: Das Papier, das Renzels Ressort dann vorlegen will, soll vorher in den Bezirksvertretungen vorgestellt werden. Denn die Stadtteilpolitiker hatten immer wieder beklagt, sie seien von den Plänen der Verwaltung überrumpelt und dem Unmut der Bürger ausgesetzt worden.

Freilich hat sich der vielerorts längst gelegt: Inzwischen gibt es für jede der Behelfseinrichtungen – auch für Frintrop – einen Runden Tisch, dem engagierte Anwohner, Kirchen- und Vereinsvertreter angehören. Als Geradezu mustergültig gilt ihr Einsatz bei Hausaufgabenbetreuung oder Deutschkurs in der Dilldorfschule. Dort stellten sich die Anwohner bei einer Demo der rechtsextremen Pro NRW im Oktober 2013 schützend vor die Flüchtlinge. Dabei hatten auch sie sich ein Jahr zuvor mit Vehemenz und Lautstärke gegen das geplante Asylheim gewettert.