Essen. . Neuer Verdi-Vorstand: Carolin-Beate Fieback und Thorsten Urban leiten den Verband in den kommenden vier Jahren. Wichtige Themen sind gesetzliche Regelungen, die Firmen zu umgehen versuchen – und der Dauer-Zwist mit der Stadttochter RGE.

Die Dienstleistungsgesellschaft Verdi hat einen neuen Bezirksvorstand gewählt. Carolin-Beate Fieback und ihr Stellvertreter Thorsten Urban trafen sich gestern mit Pressevertretern, um über ihre künftige Arbeit zu sprechen. Die Betriebswirtin vom Ruhrverband und der Vorsitzende des Betriebsrates der Messe Essen sind zunächst für vier Jahre im Amt. In Abstimmung mit den 13 Fachbereichen werden sie die gewerkschaftliche Arbeit koordinieren. 30.000 Mitglieder zählt der Verband derzeit – etwa tausend mehr als vor einem Jahr, aber 2.000 weniger als vor fünf Jahren. Doch um Personal und Statistiken ging es nur am Rande.

Zentrale Themen waren der zum 1. Januar eingeführte Mindestlohn von 8,50 Euro und die kommenden Auseinandersetzungen bei der Tarifbildung. Aktuell laufen die ersten Runden in der Sicherheitsbranche. Einzelhandel und Großhandel stehen ebenfalls auf dem Plan. Am 18. und 26. Februar veranstaltet Verdi jeweils einen Aktionstag zum Mindestlohn. Die ersten Rückmeldungen würden zeigen, dass noch viel Unklarheit herrsche und es einige schwarze Schafe gebe, die den gesetzlich festgelegten Betrag umgehen, so Urban. Eine Methode seien verkürzte Arbeitszeiten (zumindest auf dem Papier). Einige Firmen drohen ihren Mitarbeitern mit Rausschmiss, falls diese auf den Mindestlohn bestehen. Die Gewerkschaft rät, diese Arbeitgeber zu melden.

Unterschiedliche Kostenanalysen

Auch die Umstrukturierungen beim angeschlagenen Handelskonzern Karstadt kamen zur Sprache. Verdi-Geschäftsführer Lothar Grüll fürchtet bereits eine Kündigungswelle in der Hauptverwaltung, wo etwa 600 Menschen arbeiten. „Essen ist ja auch Einkaufsstadt. Wir sind daher von jeder Insolvenz besonders betroffen.“ Doch gerade in diesem Bereich ist der Organisationsgrad verhältnismäßig gering – insbesondere bei geringfügig Beschäftigten und Angestellten mit befristetem Vertrag. In der Sicherheitsbranche gibt es dagegen wachsende Mitgliederzahlen, die Quote liegt bei über 50 Prozent. In der Uniklinik sind es sogar rund 60 Prozent. In manchen Banken dagegen nur drei Prozent.

Am Ende ging es aber vor allem um die städtische Tochtergesellschaft RGE und ihren Geschäftsführer Klaus Wieschenkämper. Der Dauerstreit um Tarifverträge und schlechte Arbeitsbedingungen, scheint absehbar kein Ende zu nehmen. Zumindest nicht, solange die Verantwortlichen nicht die entsprechenden Konsequenzen ziehen, sagt Lothar Grüll. „Die Geschichte von RGE ist eine von täuschen, tricksen und tarnen“, schimpft Grüll und verweist auf die strittigen Mehrkosten, die eine Angleichung des Haustarifs an die Sätze des öffentlichen Dienstes ausmachen würde.

Offen für Verhandlungen

Eigenen Berechnungen zufolge würde der Schritt pro Jahr rund 200.000 Euro kosten. Die RGE kommt in einer internen Analyse zu einem Wert von 1,4 Millionen Euro, was auch mit unterschiedlichen Urlaubsansprüchen zu tun hat. „Immer wieder wird das Märchen vorgetragen, die RGE müsste dicht machen, weil sich der Betrieb nach der Angleichung nicht mehr lohnt“, so Grüll. „Eine Firma, die 2,5 Millionen Euro Gewinn pro Jahr abwirft, könnte die Mehrkosten problemlos zahlen und zusätzlich die Preise senken, schließlich sind es städtische Kunden, die dafür bezahlen.“ Über einen Mittelsmann wurde Grüll mittlerweile ein Gesprächsangebot gemacht. Der Gewerkschaftler zeigt sich offen für Verhandlungen, auch wenn man merkt, dass die Gräben kaum größer sein könnten. RGE-Chef Klaus Wieschenkämpfer und sein Bruder Andreas waren gestern telefonisch nicht erreichbar.