Essen. . Die Verkehrsunternehmen wollen die Fahrpreise leicht erhöhen. Das lehnen Studentenvertreter ab. Eine Blockade hätte üble Folgen für alle Beteiligten.

Der anhaltende Streit über die Preissteigerung des Semestertickets könnte alle Beteiligten teuer zu stehen kommen. Nach wie vor herrscht keine Einigkeit zwischen dem Verkehrsverbund Ruhr (VRR) und Vertretern der Essener Hochschulen. Die Nahverkehrsunternehmen fordern, den Monatspreis um 3,80 Euro zu erhöhen, verteilt über viereinhalb Jahre. Bislang kostet das Ticket 18,36 Euro pro Monat. Nach der außerordentlichen Preiserhöhung sowie den üblichen Steigerungen, soll das Ticket knapp 26 Euro kosten.

In Essen fahren regelmäßig 25.700 Studenten mit Bus und Bahn. Der VRR erklärt den für kommenden Oktober anvisierten ersten Aufschlag mit einer Schere, die sich im Verhältnis zu anderen Tarifen gebildet habe. Im Gegensatz zu den sonstigen Angeboten sei der Preis für das Semesterticket in der Vergangenheit nur sehr moderat angehoben worden, so VRR-Sprecherin Sabine Tkatzik. Auf seiner Internetseite rechnet der Verband vor: Das Azubi-Ticket wurde 2010 um 2,28 Euro verteuert. 2014 lag die Preissteigerung bei 4,33 Euro. Beim Semesterticket waren es nur 52 beziehungsweise 59 Cent.

Azubi-Ticket als Alternative

Sollte der vom VRR vor einigen Monaten vorgelegte neue Vertrag nicht bis Mitte des Jahres von allen Universitäten im VRR-Gebiet unterschrieben werden, steht das Semesterticket vor dem Aus. „Wenn es nicht klappt, können die Studenten ab dem Wintersemester das Azubi-Ticket nutzen“, sagt Sabine Tkatzik. „Das kostet allerdings 90 Euro pro Monat.“ Eine andere Alternative wäre das Ticket 1000. Die Monatskarte würde in diesem Tarif 140 Euro kosten.

Sollte das Semesterticket tatsächlich scheitern, würde das nicht nur die Studenten vor finanzielle Probleme stellen – auch der VRR hätte vermutlich weniger Geld zur Verfügung. Schließlich nutzen bei weitem nicht alle Studierenden das Semesterticket regelmäßig, wie der Verband selbst einräumt. Das sogenannte Solidarprinzip verlangt aber, dass alle Studenten den gleichen Semesterbeitrag entrichten, auch jene, die Bus und Bahn gar nicht nutzen.

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37 Prozent aller Studenten besitzen ein Auto, so das Deutsche Studentenwerk. Außerdem pendeln nur die wenigsten tatsächlich quer durchs gesamte Verbreitungsgebiet. In der Regel verkehren sie zwischen zwei Nachbarstädten. Möglich wäre das mit einem Azubi-Ticket in der Preisstufe B. Dieses kostet 23 Euro weniger als die Tarifstufe D, die vom Verbreitungsgebiet dem momentanen Semesterticket entspricht. Der Wegfall des Semestertickets könnte dazu führen, dass noch mehr Studenten als bisher aufs Auto umsteigen.

Nach Ansicht des VRR sind nun die Hochschulen am Zug. Dort würde man gerne verhandeln, versichert Marcus Lamprecht vom Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) der Universität Duisburg-Essen, doch der VRR lasse nicht mit sich reden.

Undurchsichtige Preisstruktur

„Wir sind grundsätzlich gesprächsbereit. Es ist uns klar, dass wir das Ticket zu sehr günstigen Bedingungen beziehen. Aber für uns ist der geforderte Preis aus der Luft gegriffen“, betonte Lamprecht, der das Referat Ökologie und Mobilität leitet. „Perspektivisch wird der Preis die Studierenden sehr belasten.“ Wie die Uni vorrechnet, müssen 740 Studenten des Fachbereichs Kulturwirtschaft regelmäßig zum Unterricht zwischen Duisburg und Essen pendeln. Und bei den Schauspielstudenten der Folkwang-Uni findet ein Teil der Ausbildung in Bochum statt.

In einem gemeinsamen Brief beklagen die Asta-Vertretungen die undurchsichtige Preisstruktur des neuen Vertrags. „Um die Zahlen möglichst klein zu rechnen, wird nicht erwähnt, dass die Anhebung von 2016 bis 2019 im Sommersemester jeweils monatlich ausfallen. Fakt ist jedoch, dass diese außertariflichen Erhöhungen zusätzlich zu den vertraglich fixierten, tariflichen Preisanpassungen in unklarer Höhe erfolgen.“ Die Vertreter der Hochschulen kommen deshalb auf eine Preissteigerung von 50 Prozent gegenüber dem derzeitigen Betrag.

Eine Preissteigerung für das Semesterticket um insgesamt 50 prozent – diese Summe wollen viele junge Studenten nicht zahlen. Der Konflikt zwischen den Nahverkehrsunternehmen und Studierenden droht zu einer Frage der Solidarität zu werden. Johanna Schneider, Asta-Vorsitzende an der Folkwang-Uni hofft, dass eine baldige Lösung gefunden wird. „Ich persönlich bin kompromissbereit. Ich weiß, dass die Preise nicht bis in alle Ewigkeit gleich bleiben können.“, so die 28-jährige Jazz-Studentin.

Mögliche Urabstimmung

An der Uni Duisburg-Essen soll im Februar über eine Urabstimmung diskutiert werden. Zu Beginn des Sommersemesters könnte es dann zu einer solchen Wahl kommen. Doch am 28. Januar will zunächst VRR-Vorstand José-Luis Castrillo für den neuen Vertrag werben. Die Evangelische Fachhochschule Bochum hat über den Vorschlag bereits abgestimmt. 90 Prozent entschieden sich dabei gegen den neuen Vertrag. Unterschrieben haben erst 14 der 39 Hochschulen im VRR-Gebiet.

„Fairerweise muss man dazu sagen, dass von einer Ausnahme abgesehen, alle Unterzeichner keinen Asta haben“, erklärt VRR-Frau Tkatzik. Heißt im Klartext: Die Verträge wurden mit der Universitätsverwaltung abgeschlossen. In der Tat gehören diese Hochschulen eher zu den kleinen und meist privaten Bildungseinrichtungen. Überregional bekannte Namen stehen bislang nicht auf der Liste. Dafür aber die Hochschule der bildenden Künste Essen. Dort wurde das neue Ticket ohne Murren akzeptiert.