Essen. . Der Altenessener Heinrich Klimmek lebte als Kind im Haus der Familie Albrecht und spielte mit dem Sohn des Aldi-Gründers. Der 73-Jährige erinnert sich an Bombennächte, die Nachkriegszeit und eine Martinsgans.

Am Dienstagabend saßen Millionen Zuschauer vor den Fernsehern und verfolgten im ZDF gebannt die Dokumentation „Die Aldi-Story“ über die Geschichte des Essener Familien-Konzerns. Auch Heinrich Klimmek hatte es sich in seinem Wohnzimmersessel bequem gemacht und schaute gespannt die Sendung, die sich vor allem um die Aldi-Gründer Theo und Karl Albrecht drehte.

Für Klimmek, 73, war der Beitrag mehr als eine TV-Dokumentation. Es war eine Erinnerung an erlebte Geschichte und Geschichten. Der Altenessener wohnte vor 70 Jahren mit seinen Eltern im Hause der Albrechts an der Huestraße 89. Er spielte mit Karls Sohn Karl jun. auf dem Hof des Gebäudes, in dessen Erdgeschoss bis heute der „Aldi 1“ Lebensmittel verkauft.

Der Atem stockt, es rollen Tränen

Und Heinrich Klimmek verbrachte in den Armen seiner Mutter Gertrud und mit Familie Albrecht beim englischen Bombenhagel Nächte im Luftschutzkeller. Wenn sich der 73-Jährige an dieses prägende Damals erinnert, fehlen ihm nicht nur die Worte. Der Atem stockt, es rollen Tränen über sein vom Leben gezeichnetes Gesicht. „Entschuldigung“, flüstert er, wo sich niemand entschuldigen muss.

Heinrich Klimmek ist an der Huestraße aufgewachsen und dort vom Kind zum jungen Mann geworden. Seine Eltern Gertrud und Heinrich waren mit ihrem Nachwuchs 1941 nach Essen gekommen und in das Haus der Albrechts gezogen. Gleich unter ihnen wohnte Anna Albrecht mit ihren Söhnen Karl und Theo.

Dem Bombenhagel und der Kapitulation folgte die Nachkriegszeit. Die war entbehrungsreich. Die Miene von Heinrich Klimmek hellt sich trotzdem auf, wenn er sich an die Jahre des Wiederaufbaus in Schonnebeck erinnert. Und die Bilder von damals, die keine Kamera gebannt hat, erscheinen vor seinem geistigen Auge und in seinen Geschichten.

Tante-Emma-Laden als Keimzelle

Mit dem drei Jahre jüngeren Karl Albrecht jun. spielte er im Hinterhof der Huestraße 89. „Mit Ball, mit Trümmerresten, mit Murmeln. Mit allem, was wir in die Finger bekamen.“ Der kleine Albrecht bescherte Familie Klimmek sogar mal ein Festmahl. „In der Schule wurde eine Martinsgans verlost. Karl zog die Nummer 343, mein Los“, erinnert sich Klimmek. Die Gans wurde auf dem Balkon der Familie gemästet und kam später in den Ofen.

Während die kleinen Jungs durch die Straßen von Schonnebeck tollten, bauten Karl und Theo Albrecht ihr Unternehmen auf und aus. Keimzelle war der Tante-Emma-Laden in der Huestraße 89. „Ich erinnere mich an den großen schwarzen Holzschreibtisch im Büro, hinter dem vor allem Karl Albrecht saß.“ Heinrich Klimmek beschreibt den älteren der Aldi-Gründer als „sachlich ruhig. Ein Kaufmann, der das Geld zusammenhielt.“ Stets an seiner Seite: Bruder Theo. „Groß, sonnengebräunt, mit der D-Mark etwas lockerer“, erinnert sich Klimmek. Die Brüder waren freundlich im Umgang, aber auch bestimmt. Und immer umtriebig. Heinrich Klimmek verbindet ein besonderes Erlebnis mit Mia Albrecht, der Gattin von Karl. Als Klimmeks Mutter Gertrud die Lebensmittelkarten für einen Monat gestohlen worden waren, half Nachbarin Mia der Familie aus. „Eine warmherzige Frau“, sagt Heinrich Klimmek. Aldi wuchs. Und auch Familie Albrecht, die es nach Bredeney zog. Der Kontakt brach ab. Nach den Albrechts verließ auch Heinrich Klimmek die Huestraße. Er kehrt bis heute gerne zurück. Und kauft bei Aldi ein.