Essen. Langfristig sollen alle S-Bahnhöfe auf den einheitlichen 76-Zentimeter-Standard ausgelegt werden. In Essen trifft das derzeit nur auf vier von 24 Haltepunkten zu. Der Umbau könnte sich mangels Geld über Jahrzehnte hinziehen. Viele kürzlich erst sanierte Bahnhöfe bekamen höhere Bahnsteige verpasst.
Essens Fahrgäste standen schon immer etwas höher. 20 von 24 S-Bahnhöfen haben auf den fünf Linien S1, S2, S3, S6 und S9, die durch die Ruhr-Metropole fahren, eine Bahnsteighöhe von 96 Zentimetern. Da kann man stufenfrei in die S-Bahn steigen. Wie bequem. Schade nur, dass die neueste und künftige S-Bahn-Flotte um glatt 20 Zentimeter tiefer gelegt sein wird. Und damit werden die meisten Essener S-Bahnhöfe mittel- und langfristig wieder zum Sanierungsfall, weil entweder Bahnsteige um 20 Zentimeter abgesenkt oder das Gleisbett (was meist billiger wäre) entsprechend erhöht werden müssen. Ein Programm, das etliche Millionen Euro kosten wird - und voraussichtlich erst nach Jahrzehnten abgeschlossen sein wird.
Noch gibt es landauf, landab zwei verschiedene Bahnsteighöhen. Güterzüge dürfen nur an niedrigeren Bahnsteigen vorbeifahren, weil sie sonst die Kante touchieren könnten. ICE und Regiozug sind eh’ niedrig ausgelegt. Nur die bisherigen S-Bahnen nicht, weil die Technik unter den Triebwagen verstaut ist.
Rollstuhlfahrer kommen vorerst nur per Rampe rein und raus
Inzwischen ist aber der einheitliche Standard beschlossene Sache, wird die Bahnsteighöhe künftig grundsätzlich auf 76 Zentimeter festgelegt. Darauf hatten sich das NRW-Verkehrministerium und die Verkehrsunternehmen, darunter der Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) längst geeinigt. Fehlt nur noch das entsprechende ÖPNV-Gesetz. Und das Geld für den Umbau.
Bei dieser Entscheidung ging es aber auch ums Geld. Weil höher gelegte S-Bahnen nur noch als teure „Sonderanfertigung“ bestellt werden können, niedrigere Züge es aber bei den Herstellern inzwischen „von der Stange gibt“- und damit weitaus preisgünstiger sind, argumentiert VRR-Sprecher Johannes Bachteler.
Eine davon ist die Baureihe ET 1440, die auf der Linie S8 im Probebetrieb läuft. Und in Düsseldorf für ersten Ärger sorgt, weil dort die Bahnsteige höher liegen und Rollstuhlfahrer nur über eine Rampe, die vom Fahrer platziert werden muss, in die Bahn können.
Die S8 macht wohl den Anfang
Essen ist da erstmal raus. Die neuen Züge rauschen an der Ruhr-Metropole vorbei, sie sind nur für die Linien S5 und S8 bestimmt. Hier sollen neue Niedrig-Züge erst dann zum Einsatz kommen, wenn auf der entsprechenden Linie der Umbau für die Mehrzahl der Bahnhöfe abgeschlossen ist. „Das werden wir nur peu à peu anpassen können“, kündigt VRR-Sprecher Johannes Bachteler an. Und das frühestens ab dem Jahre 2019.
Mit welcher Linie begonnen wird, ist noch nicht entschieden. Es soll möglichst die Linie S2 sein. Zwei der sechs Haltepunkte, „Dellwig“ und „Altenessen“, sind hier bereits auf dem 76-Zentimeter-Niveau. Auf der Linie S3 ist es der S-Bahnhof „Horst“, auf der Linie S9 der Halt „Borbeck-Süd“. Ein Bahnhof kommt demnächst hinzu: „Dellwig Ost“ steht auf der Sanierungsliste.
Neue Züge der S6 werden vielleicht noch 30 Jahre fahren
Nur auf der Linie S6 (Essen-Düsseldorf-Köln) bleibt auf absehbare Zeit alles beim alten, und das aus mehreren Gründen: Mehrere Bahnhöfe auf dieser Strecke wurden erst vor kurzem aufwendig saniert und es blieb dabei beim 96-Zentimeter-Standard. Zudem: Zum Fahrplanwechsel in wenigen Tagen werden dann die alten Loks durch relativ moderne, aber gebrauchte Triebzüge der DB-Baureihe ET422 abgelöst - mit 96 Zentimeter hohen Einstiegen. Passt also.
Das wird auch so bleiben. Die Züge sind erst vier bis sechs Jahre alt, aber ihre Lebenserwartung liegt bei mindestens 35 Jahren.
Nicht auszuschließen, dass sich solange auf dieser Linie höhenmäßig nur wenig verändern wird.