Essen. . Sie lernten in vielen Stunden, wie man mit Sterbenden umgeht, und möchten jetzt die freiwillige Arbeit im Hospiz nicht mehr vermissen: Hier berichten zwei Frauen, warum man im Umgang mit schwerstkranken Menschen sehr viel über sich selbst lernt.
Warum gibt es Menschen, die freiwillig im ambulanten Hospizdienst arbeiten? „Weil man viel über sich selbst lernen kann“, sagt Petra Schlag. Die Kinderkrankenschwester hat zuletzt ein zehnmonatiges Seminar am Uni-Klinikum absolviert für „ehrenamtliche Hospizmitarbeiter“. 150 Stunden dauert so ein Seminar, das offiziell „Befähigungskurs“ genannt wird. Im Jahr 2014 fanden zwei solcher Kurse statt, insgesamt 21 Bürger erhielten am Ende ihr offizielles Zertifikat. „Die Nachfrage“, sagt Pastorin Karin Scheer, die die Kurse am Uni-Klinikum gemeinsam mit einer Kollegin koordiniert, „ist ungebrochen groß.“
In einem Hospiz-Seminar lernt man, wie man mit schwerkranken und sterbenden Menschen umgeht, wie man mit ihnen spricht. Hat ein Sterbender nur das Thema Tod im Sinn? „Keineswegs“, findet Rentnerin Renate Zänsler, die ebenfalls einen solchen Kurs absolviert hat und sich jetzt ehrenamtlich in der Hospizarbeit engagiert. „Es finden ganz normale Gespräche statt, nicht nur über Krankheit. Und es wird auch viel gelacht.“ Was sie in der Arbeit mit Sterbenden über sich selbst gelernt hat? „Geduld“, sagt Renate Zänsler. „Eigentlich geht mir sonst im Leben vieles nicht schnell genug.“
Mit einem Patienten jedoch kann sie „über Stunden zusammensitzen, ohne etwas zu erzählen“, einfaches Handhalten reicht oft, „ich habe das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.“ Auch Petra Schlag, die von ihrem Beruf als Kinderkrankenschwester Zeitdruck gewohnt ist, empfindet es als Privileg, sich Zeit zu nehmen für jemanden, der am Ende seines Lebensweges angekommen ist: „Es ist gut, jemanden dabei begleiten zu können, in Würde nach Hause zu gehen.“
Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht
Renate Zänsler hatte in der Zeitung die Meldung gefunden, dass für die Hospiz-Kurse im Uni-Klinikum noch Freiwillige gesucht werden, „da hab’ ich mich sofort gemeldet.“
Im Kurs ging es neben solcherlei Formalitäten wie Patientenverfügung oder Vorsorgevollmachten auch um Fragen der Spiritualität in der Sterbebegleitung, und alle Teilnehmer absolvierten ein Praktikum in allen Bereichen, in denen die Hospizarbeit am Uni-Klinikum tätig ist. „Für mich“, sagt Renate Zänsler, „hat sich die Entscheidung, das hier zu machen, sofort als richtig erwiesen.“ Sie wollte ihre Zeit als Rentnerin nicht beliebig füllen „und schon gar nicht mit etwas, das mit Geld zu tun hat.“
Seelisch beschäftigt die Mitarbeiter die Hospizarbeit durchaus, doch Renate Zänsler legt Wert auf die Feststellung, „dass man sich nicht aufopfert oder mitleidet.“ Es ist, sagen beide Frauen, „eine normale Tätigkeit.“ Petra Schlag: „Der Tod ist eine natürliche Angelegenheit. Wir kommen alle irgendwo her und gehen wieder irgendwo hin.“ Sie muss es wissen, denn sie arbeitet ansonsten auf einer Neugeborenen-Station.