Essen. . Die Stadt Essen ist in punkto Gesundheitsschutz bei Flüchtlingen Vorbild in NRW. Mittlerweile würden in Essen alle Flüchtlinge geimpft, gegen eine Reihe an möglichen Infektionen - auch die, die möglicherweise in ihrer Heimat bereits geimpft wurden. Ein eindringlicher Impf-Appell ergeht auch an Einheimische.
Die aufwändige Windpocken-Impfaktion in der Asylunterkunft Opti-Park vor zwei Monaten zeigt heilsame Wirkungen. Die so genannte „Essener Linie“, fortan jeden neu angekommenen Flüchtling zu impfen, ist inzwischen auch vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen worden.
„Die Stadt Essen ist gut aufgestellt“, betont Hiltrud Kleine-Eggebrecht, Leiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes des Essener Gesundheitsamtes. Sie fügt die beruhigende Mitteilung hinzu: Durch ein umfassendes Impfmanagement seien größere Ausbrüche verhindert worden. „Sehr viele Asylbewerber sind in ihren Heimatländern geimpft worden, allerdings haben sie ihre Impfpässe bei der Flucht aus Kriegsgebieten oft verloren.“ Essen behandelt sie vorsichtshalber trotzdem wie Menschen, die nie mit einer Impfspritze in Berührung gekommen sind.
Die Vorgabe des Essener Gesundheitsamtes ist eindeutig und gewissenhaft: Um Ansteckungsgefahren möglichst auszuschließen, werden jetzt alle Flüchtlinge geimpft - gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken, gegen Diphterie, Tetanus und Keuchhusten, gegen Kinderlähmung, Hirnhautentzündung und Hepatitis B. „Wir bieten diese Impfungen an, aber niemand ist dazu gezwungen, eine Impfpflicht besteht in Deutschland nicht“, betont Hiltrud Kleine-Eggebrecht.
Alle Bewohner werden durchgeimpft
Im Opti-Park, der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes, sind zwei Ärzte – ein Kinderarzt und ein Internist – zurzeit dabei, alle Bewohner durchzuimpfen. Die dabei anfallenden Kosten für Arzthonorare und Impfstoffe werden von der Bezirksregierung Düsseldorf übernommen. Aber auch bei Asylbewerbern, die sich schon seit längerer Zeit in dieser Stadt aufhalten, werde der Impfstatus überprüft. „Wir kümmern uns darum, dass sie die Impftermine im Gesundheitsamt wahrnehmen“, sagt Hartmut Peltz, Büroleiter des Sozialdezernenten. Das Gesundheitsamt in der Hindenburgstraße bietet alle 14 Tage solche Impftermine an.
Die niedergelassenen Ärzte ziehen am selben Strang. „Kinder, die in unsere Praxen kommen, werden untersucht und geimpft, falls Lücken bestehen“, sagt Engelbert Kölker, Obmann der 40 Essener Kinder- und Jugendärzte.
Hiltrud Kleine-Eggebrecht vom Gesundheitsamt rät auch Einheimischen, jene Impfungen aufzufrischen oder nachzuholen, die die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut empfiehlt. Engelbert Kölker beobachtet mit zunehmender Sorge die gewachsene Impflücke bei Essener Kindern zwischen dem sechsten und dreizehnten Lebensjahr.In der Unterkunft Opti-Park traten im September Fälle von Windpocken auf. Danach wurden 250 Bewohner geimpft. In dieser Zeit konnten keine Neuankömmlinge aufgenommen werden.
Kinderärzte-Obmann Engelbert Kölker beobachtet mit wachsender Sorge, dass einheimische Eltern offenbar Angst davor haben, ihre Kinder impfen zu lassen. Ängste, die von einigen Hebammen sogar noch geschürt würden.