Essen. Beim Ausbau der Gleisstrecken für die superschnelle Regionalverbindung Rhein-Ruhr-Express (RRX) gelten in Essen geringere Standards als beispielsweise in Dortmund. Damit will sich die Stadt Essen nicht abfinden und fordert von der Bezirksregierung eine Neuberechnung des Lärmschutzes.
Ist der Bonus für die Deutsche Bahn ein Malus für Essen? Die Stadt liegt mit dem Staatsunternehmen über Kreuz. Der Grund dafür sind die Planungen für den Rhein-Ruhr-Express (RRX). Es sei keineswegs so, dass Essen den Bau der superschnellen Regionalzugverbindung durch das Ruhrgebiet ausbremsen wolle, heißt es im Rathaus. Das Gegenteil sei der Fall. Nur mit dem geplanten Lärmschutz auf Essener Stadtgebiet zeigt man sich im Planungs- wie im Umweltamt gar nicht einverstanden. Denn der fällt bescheidener aus als in anderen Revierstädten entlang der Strecke, was man so nicht stehen lassen will.
In einem Schreiben an die Bezirksregierung Düsseldorf fordert die Stadt eindringlich eine Neuberechnung des Lärmschutzes und zwar ohne den so genannten Schienenbonus. Einen solchen räumt der Gesetzgeber dem Schienenverkehr seit 1990 ein; Lärmschutz ist erst dann erforderlich, wenn der Lärmpegel um fünf Dezibel über dem des Straßenverkehrs liegt.
Bahn kann den „Schienenbonus“ in Essen in Anspruch nehmen
Zum 1. Januar des kommenden Jahres wird dieser Passus im Bundesimmissionsschutzgesetz gestrichen, der Bonus wäre also dahin. Nur: Für den Essener Streckenabschnitt des RXX läuft das Planfeststellungsverfahren bereits. Auch wenn es bis Jahresende nicht abgeschlossen sein wird, greift darüber hinaus in Sachen Lärmschutz das aktuell geltende Recht; die Bahn kann den „Schienenbonus“ also sehr wohl in Anspruch nehmen.
Fünf Dezibel mehr oder weniger, macht das etwas aus? Wer sich darunter nichts vorstellen kann: Umweltdezernentin Simone Raskob vergleicht den Effekt mit dem Einbau von Flüsterasphalt wie jüngst an der Alfredstraße geschehen. Der Verkehr rollt dort deutlich leiser, der Unterschied ist nicht zu überhören.
Konkret betroffen sind Gleisstrecken für den RRX zwischen Essen-Hauptbahnhof und Kray-Süd und Steele sowie von dort weiter bis Steele-Ost.
Mehr Geld für Lärmschutz entlang der Bahn-Strecke
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Für die Bahn ist es eine Frage des Geldes. Ohne den Schienenbonus müsste sie mehr ausgeben für Lärmschutzwände oder passiven Lärmschutz wie Schallschutzfenster, denn auch rechnerisch wären mehr Menschen von Lärm betroffenen. Wie viele es entlang der RRX-Strecke sind, vermag die Stadt nicht zu sagen. Mehrere tausend, heißt es, dürften es sein.
Wie die Bezirksregierung mit dem Einspruch der Stadt umgeht, bleibt abzuwarten. Rechtlich dürfte die Bahn auf der sicheren Seite sein. Im Rathaus setzen sie deshalb auf öffentlichen und politischen Druck. SPD wie CDU schlagen bereits Alarm. Zumal Essen nicht alleine dasteht, die Nachbarstädte Bochum und Mülheim seien in Sachen Lärmschutz durch den Schienenbonus ebenfalls schlechter gestellt - anders als Duisburg oder Dortmund, wo die Bahn besagtes Planfeststellungsverfahren erst nach der Jahreswende auf den Weg bringen wird. Unterschiedliche Standards im Ruhrgebiet für denselben RRX? Das dürfe nicht sein.