Essen/Düsseldorf.. Der Rhein-Ruhr-Express nimmt Formen an. Das Schienenverkehrsprojekt mit dem Kürzel RRX soll ab 2018 den Regionalverkehr im Ballungsraum Rhein-Ruhr besser vernetzen. Nun laufen die Ausschreibungen - die größten seit Liberalisierung des Schienenverkehrs. Das könnte auch in China Interesse wecken.
Das Ziel ist ein 15-Minuten Takt: Was bisher bei Straßenbahnlinien in NRW zu finden ist, soll in ein paar Jahren auch Schienenpendler zwischen Köln und Dortmund beglücken. Mit dem Rhein-Ruhr-Express soll der regionale Schienenverkehr ab 2018 schrittweise auf neue Beine gestellt werden. Das Projekt nimmt nun, nach Jahren der politischen Debatte, Formen an.
"Wir kommen dem RRX jetzt einen großen Schritt näher", freut man sich beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR). Das Linienkonzept steht schon länger, aber nun sind die Ausschreibungen dazu gestartet - für Züge und für den Betrieb der RRX-Linien. Laut VRR handelt es sich um die bundesweit größte Ausschreibung im Schienenverkehr seit der Marktliberalisierung von 1996. Es geht um insgesamt 14,2 Millionen Zugkilometer pro Jahr auf den Linien RE1, 4, 5, 6 und 11. Allein in die getrennt ausgeschriebenen neuen Züge würden 900 Millionen Euro investiert.
Interesse an RRX auch aus Großbritannien
Beim Fahrgastverband Pro Bahn geht NRW-Sprecher Lothar Ebbers davon aus, "dass sich Bahnunternehmen weltweit für den RRX-Wettbewerb interessieren werden". Zum Beispiel auch in China, glaubt Ebbers. Mit der MTR Corporation könnte etwa auch der Betreiber der Hongkonger Metro den Sprung nach NRW versuchen, der in Europa bereits Netze in Schweden betreibt. Und sich aktuell in Berlin um den Betrieb des dortigen S-Bahnnetzes bewirbt.
Bereits ein klares Signal kommt aus Großbritannien, bzw. aus Düsseldorf, wo die Deutschlandzentrale des britischen Verkehrsunternehmens National Express ihren Sitz hat. "Wir sind an dem RRX-Projekt sehr interessiert", sagt Geschäftsführer Tobias Richter. National Express mischt seit dem vergangenen Jahr auch im Fernbus-Geschäft in Deutschland mit. Und betreibt ab 2015 erstmals die Bahnlinien RE7 (Krefeld, Köln, Wuppertal, Rheine) und RB 48 (Köln-Wuppertal). Das RRX-Konzept sei "hoch interessant", sagt Richter. Nicht nur in punkto Linien-Konzept, sondern auch "weil es den Wettbewerb ermöglicht". Denn anders als üblich übernehmen die fünf beteiligten Verkehrsverbünde beim RRX auch die Organisation der Fahrzeuge.
RRX soll schneller beschleunigen als in ICE
Die Verkehrsunternehmen müssen so nicht auch die Millionen-Investitionen für die Nahverkehrszüge stemmen, sondern beziehen die Fahrzeuge von den fünf RRX-Verkehrsträgern, also den beteiligten Verkehrsverbünden. Natürlich gegen Geld.
Die Ausschreibung dazu läuft bereits seit Oktober. Gesucht werden Angebote für etwa 85 elektrisch angetriebene Doppelstocktriebfahrzeuge. Mit geforderten 800 Sitzen je Zug (als "Doppeltraktion") würde sich das Angebot je Linie im Vergleich zu heute bis zu verdoppeln.
"Für diese Fahrzeuge sind Neukonstruktionen notwendig", heißt es beim VRR. Anders als die bisherigen Triebfahrzeuge, die vom Hersteller Stadler stammen, werden für den RRX Doppelstock-Fahrzeuge benötigt. Die RRX-Züge sollen zudem:
- einen niedrigen, rollstuhlgerechten Einstieg haben (76 Zentimeter über Schienenoberkante)
- schneller als ein ICE beschleunigen
- bis zu Tempo 160 fahren und innerhalb das von 72,5 Sekunden erreichen
- dürfen nicht länger sein als 215 Meter
- in Typ, Farbe und Beschriftung einheitlich sein, um flexibel auf den Linien eingesetzt bzw. getauscht werden zu können
Das besondere am RRX-Konzept ist zudem, dass die Fahrzeughersteller nicht nur die Züge liefern sollen, sondern auch Service und Wartung garantieren müssen - für 30 Jahre Nutzungszeit.
RRX-Betreiber sollen Ende 2014 feststehen
Hinter den Kulissen war befürchtet worden, dass diese Forderungen den Wettbewerb der Zughersteller erschweren könnten. Doch laut Pro Bahn-Sprecher Ebbers gibt es viele Interessenten; die vier Branchenriesen Siemens, Alstom, Stadler und Bombardier seien jedenfalls im Bieterverfahren. Für Ebbers "ein großer Erfolg", der Hoffnung macht, dass sich der RRX auch verwirklichen lässt.
Dennoch gibt es noch offene Fragen. Aus Sicht der Bahnunternehmen lässt die Ausschreibung des RRX-Betriebs offen, ob die Unternehmen auch das Erlös-Risiko der Linien übernehmen, also auch Gewinne erwirtschaften können. Oder ob die Unternehmen eher als "reine Lohnkutscher" fungieren sollen, wie es in der Branche heißt.
Streckenausbau für den RRX lässt noch auf sich warten
Bis Ende dieses Jahres soll feststehen, wer die künftigen RRX-Linien betreibt. Bis 11. März haben interessierte Unternehmen noch Zeit, sich um die Teilnahme zu bewerben. Details würden danach in einem "Verhandlungsverfahren" ausgehandelt, heißt es beim VRR.
Bis der RRX dann tatsächlich im 15-Minuten-Takt den Ballungsraum an Rhein und Ruhr verbindet, dürften aber noch einige Jahre vergehen. Züge und Betreiber sollen 2018 erstmals auf die Strecke gehen - mit mehr Sitzangebot und bereits etwas kürzeren Taktzeiten.
Endgültige RRX-Umsetzung ist noch Zukunftsmusik
Für die endgültige Umsetzung sind allerdings die Trassen in NRW noch nicht ausgelegt. Während der Bund in Teilen zugesichert hat, das nötige Geld bereitzustellen, ist laut Pro Bahn noch völlig unklar, wie sich Anlieger verhalten werden, die vom notwendigen Streckenausbau betroffen sein werden. Zwischen Köln und Duisburg etwa soll die Trasse von vier auf sechs Gleise erweitert werden. "Da müssen auch Gebäude abgerissen werden", sagt Lothar Ebbers. Für den Düsseldorfer Süden würde das Planverfahren bereits laufen. Andere Bauvorhaben - etwa eine neue Bahnbrücke am Dortmunder Haupbahnhof - sind längst noch nicht so weit.
Bis das RRX-Projekt komplett ist, lassen derzeit auch die Verkehrsträger offen. Der "Vorlaufbetrieb" bis zum Übergang ist laut VRR datiert auf "2018 bis 202X"