Duisburg-Baerl. Erst König, dann Kaiser: Der Baerler ist seit seinem 19. Lebensjahr im Schützenverein. So lange ist der Duisburger bereits Schützenkönig.

Er ist ein echter Baerlscher Junge. Aufgeschlossen, weltoffen, bodenständig - ein liebenswertes Schlitzohr. Wie man an seinen hellwachen Augen sieht. Und er kann etwas vorweisen, was wirklich kein anderer kann: Christian Lohmann ist seit 60 Jahren Schützenkönig im Bürgerschützenverein Baerl 1485. Aber das ist noch längst nicht alles. 2004 wurde er sogar Kaiser – das ist der beste Schütze beim Königsschießen. Den Titel holte er sich erneut im vergangenen Jahr - am 29. Mai 2022. Mit 83 Jahren und natürlich ohne Brille. Denn mit Augengläsern einen Volltreffer zu landen, das ist was für Ältere. Für ihn scheint das unter seiner Würde zu sein.

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Minutenlanger tosender Applaus war ihm vor einem Jahr sicher. „Ich wollte das gar nicht“, war seine erste Reaktion. Aber klar, er genoss den Ruhm mit einem verschmitzten Lächeln, so wie man ihn kennt. Große Gesten und Gehabe passen nicht zu ihm. Aber, wo er auftaucht, ist seine Aura zu hundert Prozent präsent. Er sagt nicht viel, ist bescheiden und doch immer mittendrin. Nur, wenn es um sein Baerler Dorf geht, dann wird er deutlich.

Ältester Schütze wurde auf dem Hof seiner Eltern in Duisburg-Baerl groß

Gendern muss niemand, weil die Schützenjungs großen Wert darauf legen, dass auf keinen Fall eine Frau in den Verein aufgenommen wird.
Gendern muss niemand, weil die Schützenjungs großen Wert darauf legen, dass auf keinen Fall eine Frau in den Verein aufgenommen wird. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Am 1. Mai 1939 wurde er in dem damaligen selbstständigen Örtchen geboren. Und ist immer geblieben. Ein Junge und drei ältere Schwestern. „Als dann politisch über das frühere Repelen-Baerl entschieden wurde, wollten 95 Prozent, dass es so bleibt oder dass wir nach Moers eingemeindet werden.“ Nie verziehen: Die Politik entschied bekanntlich anders. Auf dem elterlichen Hof direkt an den romantischen Rheinwiesen in der Schulstraße wurde der kleine Christian groß. Landwirtschaft ernährte die Familie bis 1972. „Wir hatten Mastbullen, Schweine, Kühe und Hühner. Heute haben wir noch ein paar Schafe als Rasenmäher und zwei Gänse“, sagt Lohmann. Viele Teile des Hofs sind verpachtet, aber zur Ruhe gesetzt hat sich der älteste Schützenkönig und amtierende Kaiser vom Baerl 1485 natürlich nicht.

Im Jahr 1958, mit jungen 19 Jahren, trat Christian in den Schützenverein in Duisburg-Baerl ein. Hier ein Foto vom Schützenfest im Jahr 1963.
Im Jahr 1958, mit jungen 19 Jahren, trat Christian in den Schützenverein in Duisburg-Baerl ein. Hier ein Foto vom Schützenfest im Jahr 1963. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Im Jahr 1958, mit jungen 19 Jahren, trat Christian in den Schützenverein ein. Das war damals so üblich, machte aber auch allen Spaß. Damals wurde der König noch alle fünf Jahre auserkoren, danach betrug die Zeitspanne drei Jahre. Ab dem 18. Lebensjahr kann man überhaupt erst in den Schützenverein eintreten. Einmal im Jahr ziehen die Schützen durchs Dorf. Gendern muss in diesem Fall niemand, weil die Schützenjungs großen Wert darauf legen, dass auf keinen Fall eine Frau in den Verein aufgenommen wird. Der Bürgerschützenverein Baerl 1485 ist eine der letzten Bastionen für echte Kerle. Blaskapelle, Kompanieausmarsch, König, Adjutant, Finanz- und Landwirtschaftsminister sind unsterblich. 1963 gab es sogar noch einen Lakai.

Gemeinschaft ist dem Duisburger Schützen wichtig

Auch, wenn der pfiffige König mit der Kaiserkrone davon erzählt, dass er ja schon längst in Rente ist, arbeitet er jeden Tag in seiner Werkstatt. Und zwar mit Herzblut. Die Reparaturen macht er alle selbst. „Sonst hätte er sich nicht so fit halten können“, sind auch Sohn und Schwiegertochter überzeugt. Wichtig ist für den fast 84-Jährigen, dass Baerl eine offene Gesellschaft bleibt. „Wir gehen auf die Neubürger zu, denn Gemeinschaft und Freundschaft ist uns einfach wichtig.“ Das ist es auch, was ihn mit der Schützengemeinschaft Baerl so eng verbindet. Nachbarschaftshilfe, Freundschaft und Kontakte stehen hoch im Kurs für die Schützen. Rivalitäten, die in vielen Vereinen an der Tagesordnung sind, lassen die Schützenbrüder außen vor, versichert er.

Die Bürgerschützen freuen sich auf den Start des Schützenfestes in Duisburg-Baerl: Rolf Dresler, Thomas Hüsch-Lohmann, Christian Lohmann und Klaus Moeller.
Die Bürgerschützen freuen sich auf den Start des Schützenfestes in Duisburg-Baerl: Rolf Dresler, Thomas Hüsch-Lohmann, Christian Lohmann und Klaus Moeller. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Völlig fröhlich und entspannt sitzt er mit dem Präsidenten Rolf Dresler, dem technischen Leiter Thomas Hüsch-Lohmann und Klaus Möller, der die Pressearbeit für den Verein übernimmt, in seinem Gartenhaus etwas versteckt an der Schulstraße und lässt es sich und anderen gutgehen. Ganz unauffällig trägt er am Ärmel seiner Jacke die grüne Stoff-Banderole mit der gelb-roten Krone „König 1963“ und Auszeichnungen für seine Kaiser-Regentschaft. Mit ihm freut sich der Bürgerschützenverein BSV unglaublich auf den Start im Mai. Denn endlich geht’s nach drei Jahren Zwangspause wieder los. Ein richtiges Schützenfest findet im Mai wieder statt, das nicht nur von den Baerlern heiß ersehnt wird. Mitte Mai darf wieder richtig gefeiert werden: Mit König, Adjutant, Finanz- und Landwirtschaftsminister. „Die Informationen zu dem großen Fest kommen in ein paar Tagen“, verrät Christian Lohmann.