Duisburg-Baerl. Nach der Zwangspause freuen sich die Baerler Schützen über ein tolles Kaiserschießen. Auf der Dorfwiese erlebte Thomas Knoll eine Überraschung.

Kaiserwetter beim Kaiserschießen. Es hätte nicht schöner sein können, als um 18.35 Uhr Christian Lohmann mit dem goldenen Schuss das spannende Finale auf der Dorfwiese an der Grafschafter Straße beendet. Seit Samstagabend hat die Bürgerschützengesellschaft Baerl von 1485 e.V. einen neuen Kaiser. „Das wollte ich gar nicht“, sagt der 83-Jährige mit gewohnt verschmitztem Lächeln. Mit minutenlangem, tosenden Beifall wird ihm gehuldigt.

Schon beim Antreten und der Begrüßung durch Präsident Rolf Dresler ist klar: Das wird ein sensationeller Tag. Die Lust zu feiern, zu schießen und Freunde zu treffen, ist nach der Corona-Abstinenz so groß wie nie. Viele Baerler sind gekommen: zu Fuß, mit Fahrrädern, Kinderwagen und Hunden. Genau 117 Schützen haben sich angemeldet, um auf den Holzvogel zu schießen.

Heiko Kieselmann erringt mit dem 189. Schuss den linken Flügel (5. Preis). Thomas Knoll sichert sich mit dem 280. Schuss den rechten Flügel (4. Preis). Das Zepter (3. Preis) geht an Thomas Hicking mit dem 44. Schuss. Mit dem 17. Schuss sichert sich Mathias Schmuck den Reichsapfel als 2. Preis. Und mit dem 8. Schuss geht der Kopf und damit Preis 1 an Joachim Rölver.

Weder Frost, noch Hitze – diesmal stimmten die Rahmenbedingungen

Pressesprecher Klaus Moeller ist glücklich. „Wir haben beim Kaiserschießen schon fürchterlich gefroren, uns einen Sonnenbrand geholt und sind total nass geworden. Aber heute stimmt einfach alles.“ Gelitten haben in der Coronazeit die Schützen genauso wie viele andere Vereine. „Eigentlich sollte jetzt unser Schützenfest stattfinden. Das musste aber ausfallen, weil wir kein Festzelt bekommen haben. Die meisten sind von den Veranstaltern für die Teststationen verliehen worden“, bedauert Moeller.

Viel los beim Kaiserschießen der Baerler Bürgerschützen. Nach der Corona-Zwangspause haben die Leute Lust auf Veranstaltungen.
Viel los beim Kaiserschießen der Baerler Bürgerschützen. Nach der Corona-Zwangspause haben die Leute Lust auf Veranstaltungen. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Nun ist das Kaiserschießen kein Schützenfest im eigentlichen Sinne, aber nach feiern war am Samstag vielen zumute. Die Dorfwiese war voll mit Menschen, die Stimmung friedlich und entspannt. Viele Baerler waren gekommen, die mit der Schützengesellschaft gar nicht stark verbandelt sind. „Aber endlich mal wieder rauskommen und mitfeiern, das macht so viel Spaß“, sagt eine Frau, die mit ihrem Sohn einfach nur dem Treiben zuguckt.

[Sie möchten keine Nachrichten aus Duisburg mehr verpassen? Hier können Sie unseren kostenlosen abendlichen Duisburg-Newsletter abonnieren.]

Genauso wie Martina Anneken, die fröhlich mit Fritz die Veranstaltung genießt. Fritz, das ist ein gutmütiger, neunjähriger Mix zwischen französischer Bulldogge und Jack Russell. „Wir haben den von Anfang an immer überall mit hingenommen. Der hat überhaupt keine Probleme, wenn viele Menschen versammelt sind“, sagt die 58-Jährige. Sie ist genauso gut drauf wie ihr vierbeiniger Begleiter und freut sich, dass sie mit ihrem Mann vor drei Jahren nach Baerl gezogen ist. „Nie mehr woanders hin“, sagt sie.

Elf Könige der Baerler Schützengesellschaft schossen um die Kaiserwürde

Den ganzen Nachmittag lang müssen sich die elf Könige der Schützengesellschaft gedulden, bis sie endlich zum Schuss kommen. Denn während beim Preisschießen (zwei Flügel, Zepter, Reichsapfel und Krone) jeder, der sich angemeldet hat, mitmachen darf, bleibt der Rest des Vogels alleine den Königen für das Kaiserschießen vorbehalten. Der Rumpf muss vollständig abgeschossen werden, dann erst steht der neue Kaiser fest.

An diesem Samstag aber macht das Warten richtig Spaß. Gut gelaunt sitzen die Könige bei angenehmen Temperaturen, Sonne und ein paar Wölkchen unter einem Zelt mit bester Sicht auf den Vogel, der im abgesperrten Bereich aufgebaut ist. Für Sicherheit sorgt der Schießleiter. Jeder Schütze macht beim Preis- und beim Kaiserschießen nur jeweils einen Schuss pro Durchgang. Ist ein Schütze durch eigenes Verschulden nicht am Schießstand, wenn er laut Schießliste aufgerufen wird, muss er warten, bis er wieder aufgerufen wird. „Ein Nachschießen ist nicht möglich“, sagen die Regeln, die streng eingehalten werden.

Gute Laune am Bier- und Würstchenstand

Beim Kaiserschießen hat ein Nichtschießen sogar zur Folge, dass der Schütze vom Schießen ausgeschlossen wird. Während die Könige auf den Einsatz warten, herrscht gute Laune am Bier- und Würstchenstand. Auch ein Festzelt ist aufgebaut. „Ein ganz kleines“, wie Klaus Moeller betont. „Besonderes Lob gilt den Offizieren und dem Major Bernhard Müller für die Durchführung dieser Veranstaltung“, resümiert Peter Gratenberg, stellvertretender Präsident der BSG. Ein gelungener Tag auf der Dorfwiese in Baerl.

>>> DAS GAB ES NOCH NIE: ÜBERRASCHUNG FÜR THOMAS KNOLL BEIM VOGELSCHUSS

„Das ist wie ein Sechser im Lotto“, gibt Thomas Knoll zu und hält den rechten Flügel des Holzvogels in seinen Händen. Eine Kostbarkeit, die er noch nicht begreifen kann. Wie ihm dieser Schuss gelingen konnte – er fasst es einfach nicht.

Sein Ex-Schwager steht beim Kaiserschießen der BSG Baerl am Lautsprecher und ruft die Männer auf, die für langjährige Mitgliedschaft geehrt werden. Weil er 25 Jahre dabei ist, bekommt Thomas Knoll eine Urkunde. Dann fordert der Schwager den „Schützen“, der gar keiner ist, überraschend auf, selbst auf den Vogel zu schießen.

Thomas Knoll mit seiner besonderen Trophäe: Zum allerersten Mal schoss er auf den Holzvogel – und erwischte beim Kaiserschießen in Duisburg-Baerl prompt den rechten Flügel.
Thomas Knoll mit seiner besonderen Trophäe: Zum allerersten Mal schoss er auf den Holzvogel – und erwischte beim Kaiserschießen in Duisburg-Baerl prompt den rechten Flügel. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Ein Schuss – und Knoll holt den rechten Flügel runter. „Ich hab’ hier noch nie geschossen, das war mein allererster Schuss“, erklärt er fassungslos und hält stolz den Flügel in den Händen. Er war früher Polizist, hat aber mit Schießen auch in der BSG nichts zu tun. „Ich bin einfach nur Mitglied“, sagt der Baerler, der gar keinen Grünrock besitzt. „Es war reiner Zufall“, erklärt er bescheiden. Eigentlich wollte er nur seine Urkunde in Empfang nehmen – und dann kam alles anders. Auch die Mitglieder, die sich fürs Schießen angemeldet hatten, sind erstaunt, haben so etwas noch nicht erlebt.

Aber den Erfolg, auf den so viele Mitglieder der reinen Männergesellschaft jahrelang hoffen, scheinen ihm alle Schützenbrüder zu gönnen.„Einen Ehrenplatz bekommt der Flügel auf jeden Fall“, sagt Knoll und strahlt. „Die Trophäe wird im Flur aufgehängt, auf jeden Fall so, dass man sie sofort beim Eintreten in die Wohnung sieht.“