Duisburg-Homberg. Wegen der Sparpläne des Bistums droht St. Peter in Duisburg-Homberg der Abriss. Der Streit geht weiter. Jetzt kommt das nächste Unheil.

Als wir das Paradies betreten, ist die Stimmung noch friedlich. In der Eingangshalle von St. Peter, die im Kirchenjargon wie der Garten Eden heißt, reicht Thorsten Hendricks zur Begrüßung allen die Hand. Es ist kein angenehmer Termin für den Pfarrer, der die 2018 fusionierte Pfarrei St. Franziskus leitet. Seit die Kirche St. Peter in den Haesen, eine von dreien der neuen Großgemeinde, wegen der Sparpläne des Bistums als Abriss-Kandidat ins Gespräch gekommen ist, gibt es Streit. Misstrauen, Vorwürfe, Neid, Ärger, Enttäuschung – die Liste der Probleme und Emotionen ist lang.

Duisburg-Newsletter gratis abonnieren + Seiten für Duisburg: Blaulicht-Artikel + MSV + Stadtteile: Nord I Süd I West + Themenseiten: Wohnen & Immobilien I Gastronomie I Zoo]

In St. Peter hat sich eine Gruppe gebildet, die für den Erhalt der 1977 eröffneten Kirche kämpft. Im vergangenen Jahr haben die Aktivisten erreicht, dass die Stadt ihr Gemeindezentrum für sechs Monate unter Denkmalschutz gestellt hat. Dagegen hatte die Kirche Klage eingereicht. Eine Entscheidung steht aus und der vorläufige Denkmalschutz gilt noch bis Anfang März. Es brodelt unter dem Dach der Kirche, die wir uns an diesem Morgen gemeinsam mit den Anhängern von St. Peter und dem Pfarrer anschauen.

Das Gebäude an der Homberger Friedhofsallee ist für eine Kirche noch jung und steckt doch voller Geschichte. Das Haus hat ein Konzept, das Anfang der 70er eine Innovation war. „Das Bistum wollte hier eigentlich eine ganz normale Kirche haben“, erinnert sich Helmut Kaufhold, als wir beim Rundgang den Sakralraum erreichen. Hier reckt der „Schmerzensmann“, die Christusfigur von Künstler Bernhard Kleinhans, die Hände in die Höhe. So als wollte er die Gruppe segnen, die vor der kleinen Stufe zum Altar Halt gemacht hat.

„Schmerzensmann“ heißt die Christusfigur, die Künstler Bernhard Kleinhans für die 1977 eröffnete Kirche St. Peter in den Haesen in Duisburg-Homberg erschaffen hat.
„Schmerzensmann“ heißt die Christusfigur, die Künstler Bernhard Kleinhans für die 1977 eröffnete Kirche St. Peter in den Haesen in Duisburg-Homberg erschaffen hat. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Helmut Kaufhold ist der Dienstälteste in der Runde. „Ich war bei der Gründung der Gemeinde dabei.“ Wer ihm zuhört, mit welch froher Erinnerung er an die Anfänge von St. Peter zurückdenkt, der bekommt eine Ahnung davon, warum der drohende Abriss zu einer so hochemotionalen Angelegenheit geworden ist. Die 1967 im wachsenden Wohngebiet selbstständig gewordene Gemeinde hat sich ihre Kirche erkämpft. Pfarrer Ludger Kleinhans stand für einen modernen Ansatz. „Wir hatten schon Messdienerinnen, als es noch gar keine geben durfte“, erinnert sich Kaufhold. Das neuartige Raumkonzept des Kirchbaus stand für den frischen Wind, der hier wehte. Als Vorsitzender des Gemeinderats war Helmut Kaufhold damals mit in Münster, um die Architekturwünsche der jungen Gemeinde bei den Entscheidern im Bistum durchzusetzen.

Auch interessant

Herbert Kaufhold erzählt von den Nägeln, die symbolisch verkauft wurden, um den Bau finanziell stemmen zu können. „So viele in der Gemeinde haben ihr Geld gegeben. Eigentlich gehört das Haus uns allen.“ Ein paar der Nägel stecken noch immer in der Wand. Als Erinnerung. Bilder sind daran aufgehängt. Gemeinsam mit anderen aus der Gemeinde hat Kaufhold im vergangenen Jahr den Antrag auf Denkmalschutz für St. Peter initiiert. Berufen haben sie sich vor allem darauf, dass die „Mehrraumkirche“ St. Peter ein Mahnmal für den Wandel der katholischen Kirche ist. Weil sie als erste im Bistum Münster die Verbindung zwischen Liturgie und Leben verkörpert.

Beim Rundgang durch die vom Abriss bedrohte Kirche St. Peter in den Haesen kam es zur Auseinandersetzung zwischen Pfarrer Thorsten Hendricks und den Mitgliedern der Gemeinde.
Beim Rundgang durch die vom Abriss bedrohte Kirche St. Peter in den Haesen kam es zur Auseinandersetzung zwischen Pfarrer Thorsten Hendricks und den Mitgliedern der Gemeinde. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Pfarrer Thorsten Hendricks zeigt die bewegliche Wand, mit der der Sakralraum erweitert werden kann. „Ich feier hier gerne Gottesdienst“, sagt er, bevor es weiter ins Nebenzimmer geht. Hier trifft sich unter anderem seit 20 Jahren die Altherrenrunde zum Frühstück. Die Gemeindemitglieder präsentieren den Mehrzweckraum mit angrenzender Küche. Viele von ihnen haben den Saal schon für private Feiern gebucht. Der Pfarrer betont, dass das Gebäude in die Jahre gekommen ist. Er verweist auf Wände ohne Schallschutz und fragt: „Haben Sie die Toiletten schon gesehen? Die sind nicht behindertengerecht.

Gemeinde St. Peter vermisst ein „Gesamtimmobilienkonzept“

Die Stimmung kippt. „Das ist unmöglich“, schimpft einer darüber, dass der Pfarrer „nur das Negative“ zeigt. „Bleib ruhig“, sagt ein anderer, als sich die Besichtigungskaravane die Treppe hinunter zum Keller schiebt. Unten im Kneipenraum bricht zwischen Kicker und Theke der Streit aus. Das Eis ist dünn. Vorwürfe schlittern durch den Raum. Es geht um „die Million“, die in die Sanierung von St. Johannes geflossen ist. Und um das Gefühl, dass bei der Frage, wo gespart werden kann, „alle nur nach St. Peter gucken“. Den Eindruck haben hier viele.

Unter dem Dach der „Mehrraumkirche“ St. Peter in den Haesen ist Platz für Gottesdienste und Freizeitaktivitäten. Durch eine Trennwand kann der Raum erweitert oder verkleinert werden.
Unter dem Dach der „Mehrraumkirche“ St. Peter in den Haesen ist Platz für Gottesdienste und Freizeitaktivitäten. Durch eine Trennwand kann der Raum erweitert oder verkleinert werden. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

„Liebe Leute, ich schaue in die Zukunft“, versucht Hendricks die Gemüter zu beruhigen. „Wir werden immer weniger und brauchen den Platz nicht mehr.“ Aber niemand in St. Peter versteht, warum ausgerechnet dieses Haus weichen muss. Sie vermissen ein „Gesamtimmobilienkonzept“, das für eine „gerechte Entscheidung“ alle drei Häuser unter die Lupe nimmt. „Warum machen wir nicht einfach alle drei Kirchen zu und bauen ein neues Zentrum“, schlägt einer vor.

Die Auseinandersetzung ist mittlerweile so laut, dass die Glocken kaum zu hören sind. Es ist zwölf. Thorsten Hendricks muss weiter. Der Pfarrer wirkt gestresst. Das Bistum spart auch an Personal. „Ich bin hier ganz alleine auf weiter Flur“, versucht er zu erklären, warum in den vergangenen Monaten nicht alles optimal gelaufen sei. „Wir sind doch alle nur Menschen“, sagt er, der wie ein Prellbock zwischen Gemeinde und Bistum zu stehen scheint.

Pfarrer und Gemeindemitglieder streiten zwischen Kicker und Theke in der Kellerbar

Und dann, als das Wortgewitter in der Kellerbar im heftiger wird, entweicht ihm dieser Satz: „Wir müssen hier einfach mal die Kirche im Dorf lassen!“ Wie doppeldeutig der Spruch an dieser Stelle ist, scheint ihm nicht bewusst zu sein. Kurz bevor der Pfarrer die Runde verlässt, sagt er noch etwas anderes: „Ich habe aus der ganzen Sache gelernt, dass ich noch besser kommunizieren muss.“ Etwas Versöhnliches schwingt jetzt mit. Ob sie an diesem Vormittag in St. Peter wenigstens einen kleinen Schritt weitergekommen sind, wird sich am 23. Februar zeigen. Dann trifft sich die Steuerungsgruppe Immobilien, die aus Mitgliedern von Pfarreirat, Kirchenvorstand und den Gemeindeausschüssen besteht, und wird weiter diskutieren.

>>> INFORMATIONEN ZUR FUSIONIERTEN KIRCHENGEMEINDE ST. FRANZISKUS

  • Die 2018 fusionierte katholische Kirchengemeinde St. Franziskus Homberg besteht aus den drei Kirchen St. Johannes, Liebfrauen und St. Peter. Die rund 8000 Gemeindemitglieder teilen sich 2600 Quadratmeter Fläche. Das ist zu viel: Mit Ausblick auf die weiter sinkende Zahl der Kirchenmitglieder muss sich St. Franziskus von einem der drei Gebäude trennen.
  • In den Fokus ist dabei die Kirche St. Peter in den Haesen geraten, da hier auch der zugehörige Kindergarten saniert werden muss. Es gibt unter anderem Pläne, den Neubau des Kindergartens mit einem Abriss der Kirche und dem Neubau eines kleineren Gemeindezentrums zu verbinden. Im laufenden Streit darüber hat die Gemeinde St. Peter erreicht, dass ihr Gotteshaus vorübergehend unter Denkmalschutz steht.