Duisburg-Homberg. Die Entscheidung über den Abriss der Kirche St. Peter in den Haesen wird vertagt. Sie steht vorläufig unter Denkmalschutz. So geht es weiter.
Eigentlich sollten Kirchen friedliche Orte sein, die den Gläubigen Halt bieten. Ein solcher unerschütterlicher Fels in der Brandung ist die Homberger Gemeinde St. Franziskus momentan allerdings nicht. Die katholische Gemeinschaft, die am 4. Februar 2018 aus der Zusammenlegung der vorher eigenständigen Gemeinden St. Johannes, Liebfrauen und St. Peter entstanden ist, erinnert zurzeit eher an eine Nussschale, die von der rauen See durchgeschüttelt wird. Und es ist nicht absehbar, ob nach dem Sturm noch alle Insassen an Bord sein werden.
Die Ursache des Streits, der die Gemüter der Homberger Katholiken schon seit längerer Zeit erhitzt, ist in der Tatsache zu finden, dass die vor vier Jahren gegründete neue Gemeinde St. Franziskus sparen muss. Angesichts der weiter schwindenden Mitglieder wird sie nicht alle Kirchengebäude erhalten können. Schon bald nach der Fusion wurden Stimmen lauter, die sich dafür aussprachen, dass es das in den 70er Jahren gebaute Gotteshaus von St. Peter in den Haesen sein soll, das zum Wohle der Gemeinschaft geopfert wird.
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Heftiger Widerstand rührt sich seitdem unter den Anhängern von St. Peter. Nachdem man laut gegen das Vorhaben protestiert hat, ist der Streit nun in eine neue Phase eingetreten: Ein Gemeindemitglied von St. Peter hat erreicht, dass die vom Abriss bedrohte Kirche von der Stadt wegen „Gefahr im Verzug“ vorläufig unter Denkmalschutz gestellt wurde. Daraufhin hat der Kirchenvorstand von St. Franziskus beschlossen, gegen diese Unterschutzstellung des Gebäudes zu klagen. Ein Anwalt aus Münster soll schon beauftragt sein.
So weit die Vorgeschichte. Thorsten Hendricks, der die fusionierte Gemeinde St. Franziskus als Pfarrer seit 2018 leitet, ordnet das Geschehen aus seiner Sicht ein. „Ich kann verstehen, dass viele an der Kirche hängen“, sagt er. „Aber wir können nicht alle Gebäude erhalten.“ Die Überlegung, dass St. Peter ein Kandidat für einen Abriss sein könnte, habe auch mit dem dortigen Kindergarten zu tun. Der ist so baufällig, dass er nicht mehr saniert werden kann; ein Neubau ist beschlossene Sache.
„Die Frage ist, wo der neue Kindergarten hingebaut wird“, sagt Hendricks. Er spricht von der Idee, dass nach einem möglichen Abriss des Kirchengebäudes von St. Peter dort ein neuer Kindergarten mit „multifunktionalem Gemeindezentrum“ entstehen könnte. „Es wird immer gesagt, dass St. Peter abgerissen wird. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Hier soll auch etwas Neues entstehen.“ Der Pfarrer wehrt sich gegen die Vorwürfe, dass er als Ausführungsgehilfe nur im Sinne des Bistums agiert. „Ich vertrete hier meine eigene Meinung.“
Wie viel Platz wird die Homberger Kirchengemeinde in zwanzig Jahren noch brauchen?
Man müsse sich fragen, ob Kirche in zehn oder zwanzig Jahren noch eine Großveranstaltung sei und wie viel Raum man dann in Homberg noch brauche. Kreativ will Thorsten Hendricks mit dem Einsparprozess umgehen, im Sommer seien in St. Peter zum Beispiel Outdoor-Gottesdienste eine Möglichkeit. „Ich verstehe die Trauer und ich hätte es auch gerne anders“, betont der Pfarrer. „Aber wir müssen auf die Zukunft schauen.“
Dass die Pfarrei St. Franziskus sparen muss, ist auch den Katholiken in St. Peter klar. „Natürlich wissen wir alle, dass wir uns am Ende von Gebäuden und Grundstücken trennen müssen“, sagt Frank Brünnen. Seit einem knappen Jahr ist er Mitglied im Kirchenvorstand. „Seitdem gerate ich von einer Verwunderung in die nächste.“ Der Homberger hat sich in die Vorgänge rund um die Abriss-Debatte eingearbeitet und er schildert, warum sich die Gemeinschaft in St. Peter hinters Licht geführt fühlt.
Die ganze Problematik habe schon 2018 begonnen. „Damals gab es einen guten Pastoralplan, der den Fusionsprozess begleiten sollte.“ Im Zentrum stand die Frage, welche Schwerpunkte es an den drei Kirchtürmen geben würde und wie sich die drei Gemeinden in Homberg als Ganzes neu aufstellen. Nachdem die Gründung mit einem Festival im Lutherpark groß gefeiert wurde, sei aber nichts mehr passiert, um das Zusammenwachsen der drei Standorte zu fördern.
Stattdessen sei eine Debatte über die Zukunft von Gebäuden losgegangen – und zwar ohne dass alle Beteiligten an einem Tisch gesessen hätten. Stein des Anstoßes ist ein Gespräch, das laut Frank Brünnen Ende 2018 mit Vertretern des Bistums, Pfarrer Thorsten Hendricks, Diakon Stefan Ricken und Mitgliedern des ehemaligen Kirchenvorstands von St. Johannes stattgefunden hat. Bei diesem Treffen sollte es eigentlich nur um die schon lange vor der Fusion begonnene Kirchensanierung von St. Johannes gehen.
Brisantes Gespräch kurz vor der Fusion zur neuen Gemeinde St. Franziskus
„Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass hier im kleinen Kreis über alle Immobilien von St. Franziskus gesprochen wurde“, wundert sich Brünnen. Das Bistum selber habe später von einem „Liegenschaftentwicklungsgespräch“ gesprochen. „In diesem Gespräch ist offenbar beschlossen worden, dass wegen der eine knappe Million teuren Innensanierung von St. Johannes anderswo Abstriche gemacht werden müssen.“ Konkret: in St. Peter. Brisant sei, dass das Protokoll dieses Gesprächs erst zwei Jahre später auf mehrfache Nachfrage an alle Kirchenvorstandsmitglieder verteilt wurde. Und dass dieses Treffen nur wenige Tage vor der konstituierenden Sitzung des ersten gemeinsamen Kirchenvorstands der fusionierten Gemeinden stattfand. „So konnten noch schnell ein paar Pflöcke eingeschlagen werden.“
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In St. Peter wertet man dieses Vorgehen als Vertrauensbruch. Von Seiten des Bistums werde argumentiert, dass es bei dem Treffen lediglich darum gegangen sei, den Sanierungsprozess von St. Johannes zu vollenden. Frank Brünnen hält dagegen: „Die Voraussetzungen haben sich mit der Fusion geändert. Nach dem Zusammenschluss der Gemeinden hätte man alles noch mal neu in die Waagschale werfen müssen.“ Damit ist er wieder bei dem angelangt, was aus seiner Sicht der Kern des ganzen Streits ist. „Es fehlt ein Gesamt-Immobilienkonzept.“ Vor der endgültigen Entscheidung, von welchem Besitz man sich trennt, müssten alle Immobilien von St. Franziskus auf dem Prüfstand stehen. „Ein solches Vorgehen empfiehlt das Bistum übrigens ausdrücklich im Basiswissen für Kirchenvorstandsmitglieder“ Aber in Homberg sei genau das nicht passiert.
Erst im Frühjahr 2023 wird sich entscheiden, ob die Kirche mit ihrer Klage gegen die Unterschutzstellung von St. Peter Erfolg hat. Die Zeit bis dahin soll nun offenbar doch auch dafür genutzt werden, um ein Gesamt-Immobilienkonzept für St. Franziskus zu erarbeiten. Frank Brünnen bleibt skeptisch: „Ob das auch wirklich passiert, wird man sehen.“
>>> ÜBER DIESE DREI MODELLE SOLLTE DER KIRCHENVORSTAND ABSTIMMEN:
Am 27. September hätte sich der Kirchenvorstand von St. Franziskus eigentlich für eines der drei folgenden Modelle entscheiden sollen:
1. Der Kindergarten von St. Peter wird abgerissen und an derselben Stelle wieder aufgebaut. Die Kirche bleibt bestehen.
2. Der Kindergarten wird abgerissen und als Anbau am Kirchengebäude neu errichtet, das Grundstück wird verkauft.
3. Der Kindergarten wird abgerissen, das Grundstück verkauft. Die Kirche wird abgerissen. An ihrer Stelle wird ein Kindergarten gebaut mit angeschlossenem Raum (150 Quadratmeter) als Kirchenersatz für die Gemeinde.
Durch die vorläufige Aufnahme der Kirche St. Peter in die Denkmalliste der Stadt liegen nun alle Pläne erstmal auf Eis.