Duisburg-Homberg. Nach einem Umbau für 3,5 Millionen öffnet die Homberger Rheinkirche als Freies Kolumbarium mit Platz für 6000 Urnen. Das kostet die Bestattung.
Was wäre, wenn der Tod ein wenig an Schrecken verlieren würde? Wenn die Erinnerung an Verstorbene näher an das Leben heranrücken dürfte? Und wenn wir ein anderes Verhältnis zum oft so furchteinflößenden Akt der Bestattung hätten?
Andreas Knapp träumt schon länger von einem entspannteren Umgang mit dem Thema Tod. Als der Architekt 2017 auf die leerstehende Homberger Rheinkirche stießt, da wuchs die Idee zu einem besonderen Ort in ihm. Als Inhaber der Düsseldorfer „Häuserwachküssgesellschaft Küssdenfrosch“ hat er die Mission, alten Gemäuern neues Leben einzuhauchen. In Homberg hat er seine Vision von einem außergewöhnlichen Haus für die Toten jetzt verwirklicht: Am morgigen Sonntag eröffnet das „Freie Kolumbarium Rheinkirche“.
Ein Mammutprojekt! „Wir haben vier harte Jahre hinter uns“, sagt Knapp und lässt seinen Blick an den Balken aus Eichenholz entlang hinauf bis zur Kirchenkuppel gleiten. Am Fuße der neun Meter hohen Regale, in denen Platz für mehr als 3000 Urnen ist, wirkt der 57-Jährige fast wie ein kleiner Junge, der sich mit breitem Grinsen darüber freut, etwas Tolles geleistet zu haben.
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So ähnlich fühlt er sich auch: „Ich bin wirklich begeistert, was wir hier geschafft haben.“ Das klingt kein bisschen überheblich, sondern eher nach einem aufrichtigen Seufzer der Erleichterung nach der nervenaufreibenden Phase des Umbaus. 3,5 Millionen Euro hat das Projekt am Ende verschlungen. Weit mehr als anfangs geschätzt, denn das Dach entpuppte sich als Totalschaden und musste für eine Million Euro komplett erneuert werden.
Pfarrer Matthias Immer freut sich über einen „Sechser im Lotto“
2018 hatte Andreas Knapp die denkmalgeschützte Rheinkirche für einen symbolischen Euro gekauft. Die Evangelische Gemeinde konnte sich das sanierungsbedürftige Bauwerk nicht mehr leisten und zog stattdessen in das Haus der Gemeinde. „Für uns ist das ein Sechser im Lotto“, sagte Pfarrer Matthias Immer damals über den neuen Besitzer und sein Vorhaben, aus der Rheinkirche ein Kolumbarium zu machen und das Gebäude so für die Menschen im Stadtteil zu erhalten.
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Am Samstag, 2. April, gehört der Pfarrer zu den geladenen Gästen, die sich vor der offiziellen Eröffnung anschauen dürfen, wie die 1895 gebaute Kirche mit neuer Funktion fit für die Zukunft gemacht wurde. „Uns war wichtig, dass wir so viel Altes wie möglich erhalten und nur behutsam eingreifen“, sagt Knapp. Das ist gelungen.
Mit den imposanten Regalsystemen haben die Projektentwickler ein Element gefunden, das sich schön luftig in den Kirchenraum einfügt. Insgesamt 5000 Meter Eichenholz wurden verbaut, um einen kunstvollen Platz für die viereckigen Urnenkammern zu schaffen. Angeordnet sind die Aufbewahrungsflächen so, dass sechs große Nischen entstanden sind, die mit einer Sitzgelegenheit als Rückzugsorte genutzt werden können.
Obwohl hier Platz für mehr als 4000 Urnen wäre, soll bei rund 3000 Schluss sein. Damit sich das Licht noch seinen Weg bahnen kann. Die Farben der Kirchenfenster werden außerdem von leuchtenden Würfeln ganz oben in den Regalen stimmungsvoll widergespiegelt. Im Obergeschoss der Kirche gibt es noch 3000 weitere Urnenplätze in Gemeinschaftsräumen, die nicht öffentlich zugängig sind.
So sieht der äußere Rahmen aus für das Vorhaben, einen Wohlfühlort zu schaffen, an dem man sich gerne aufhält, um den Verstorbenen nahe zu sein. Für Leben im Haus der Toten sollen Veranstaltungen sorgen. Kleine Konzerte oder Kunstausstellungen kann sich Stefan Schuster vorstellen, der das Kolumbarium als Geschäftsführer der neu gegründeten Kolumba GmbH managen wird. Die alte Orgel hat ihren Platz auf der Empore übrigens behalten und funktioniert wieder. Und: Im ehemaligen Altarraum, wo auch die Trauerfeiern stattfinden, könnten bis zu 50 Besucher bei Kulturveranstaltungen Platz finden.
Tag der offenen Tür am Sonntag, 3. April, 11 bis 16 Uhr
Nicht nur hochwertige Materialien und architektonisch spannende Details - wie die von einem Künstler angefertigte Messingschale für Schwimmkerzen oder die Kerzenhalter aus schwarzem Stahl - sollen das Kolumbarium Rheinkirche zu etwas Einzigartigem machen. Das Herzstück des Ganzen schlägt noch viel tiefer: „Wir sind der erste unabhängige Friedhofsbetreiber in Deutschland“, sagt Andreas Knapp. „Weltoffen“ und „frei“, das sind die Begriffe, die das Fundament des Konzeptes bilden. Herunterbrechen lässt sich das auf eine ganz einfache Formel: So bunt wie das Leben ist und die Menschen sind, so bunt darf auch der Abschied sein.
Am Sonntag, 3. April, öffnet das Freie Kolumbarium Rheinkirche an der Rheinstraße 12 in Duisburg-Homberg zum ersten Mal die Türen für die Öffentlichkeit. Von 11 bis 16 Uhr kann das Kolumbarium besichtigt werden. Beratungsgespräche sind auch möglich.
>>>> INFORMATIONEN ZUM KOLUMBARIUM UND KONTAKT
Wer sich für eine Urnenkammer in der Rheinkirche interessiert, hat die Wahl: In den Gemeinschaftsräumen im Obergeschoss zahlt man 1200 Euro für eine Laufzeit von zwölf Jahren; im Kirchenraum kosten alle Plätze 3500 Euro. Dazu kommt die Urnenkammer. Die Laufzeit kann unbegrenzt verlängert werden. Außerdem können Plätze für eine Gebühr von 120 Euro pro Jahr reserviert werden.
Mehr Information unter www.kolumbarium-rheinkirche.de; 02066/46 90 179. Dienstags bis sonntags kann das Kolumbarium von 10-16 Uhr besichtigt werden.