Duisburg-Baerl. Nach zweieinhalb Jahren Schonfrist fällt der RVR im Baerler Busch wieder Bäume. Forstfachmann Dirk Bieker erklärt, was im Winter passieren wird.
Die Schonfrist für den Baerler Busch ist vorbei. Zweieinhalb Jahre war der Wald hauptsächlich sich selbst überlassen. Den Anstoß dafür hatte die Bürgerinitiative „Der Baerler Busch ist bedroht“ gegeben. Aus Protest gegen die Abholzungen des Waldbesitzers RVR waren die Baerler wie schon häufig berichtet auf die Barrikaden gegangen und hatten mit 3500 Unterschriften von Bürgern im Rücken einen Prozess in Gang gesetzt, der das Bewirtschaftungskonzept des Duisburger Waldes auf den Prüfstand stellte. Lokalpolitiker und Umweltverbände verhandelten mit dem RVR und am Ende einigte man sich auf einen „15 Punkte Plan“ für eine „klimagerechte und ökologische Entwicklung des Baerler Busches“.
Eine echte Einigung war das allerdings nicht, denn für die Bürgerinitiative ist der Kompromiss nicht akzeptabel. Ihr geht der Eingriff des für die Waldbewirtschaftung zuständigen RVR-Betriebs Ruhr Grün noch immer viel zu weit. Kernpunkt der Kritik: Der als Erholungswald klassifizierte Baerler Busch dürfe nicht so intensiv bewirtschaftet werden, wie es der RVR auch nach der Einigung noch vorhabe. Außerdem hatten die Naturschützer gefordert, dass man den Wald fünf Jahre lang in Ruhe lässt, damit er sich erholen kann.
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Daraus wird nichts. Sobald die Wetterbedingungen günstig sind, werden die Arbeiter von Ruhr Grün loslegen. Dirk Bieker versteht die Aufregung darüber nicht. Der promovierte Forstwissenschaftler und Waldökologe hat den RVR in der Arbeitsgruppe Baerler Busch vertreten. Dem Naturschutz steht er nah: Auf der Homepage des „NABU NRW“ findet man Dirk Bieker als Sprecher des Fachausschusses Wald, in der Naturschutzstation Münsterland hat er das Projekt „Fit für den Klimawandel“ geleitet. Bei unserem Besuch im Wald wird er nicht müde zu erklären, dass er die anstehenden Fällungen nicht nur für absolut verträglich für den Baerler Busch hält, sondern auch für notwendig. „Unser Ziel ist ein stabiler Wald mit weniger Bäumen, die dafür kräftiger und vitaler sind.“
Durchforstet wird in diesem Jahr auf einer zehn Hektar großen Fläche
Der Waldfachmann marschiert voran, um uns zu zeigen, worum es in den nächsten Monaten bei der „Durchforstung“ gehen wird. Ein breiter Strich in dunklem Orange markiert die Bäume, die bis zum Ende des Winters gefällt werden dürfen. Einen weißen Punkt haben die „Zukunftsbäume“, die gefördert werden sollen. Nach dem „15 Punkte Plan“, so Bieker, habe man die zum Teil vor Jahren gemachten Markierungen überarbeitet. Und der Revierleiter werde vor der Fällung alle noch einmal überprüfen.
„Wir reden hier nur von einer kleinen Fläche, auf der wir aktiv werden“, ordnet er die Baumfällungen, die für diesen Winter geplant sind, aus seiner Sicht ein. Geeinigt habe man sich in der Arbeitsgruppe darauf, dass 2021/22 nur einer von insgesamt drei für die nächsten Jahre ausgewählten Bereiche durchforstet werden darf. Bei der „Fläche A“, die jetzt an der Reihe ist, handelt es sich um 20 Hektar, von denen zehn bewirtschaftet werden dürfen. „Das sind nur drei Prozent des Baerler Busches“ rechnet Bieker vor. Und auf diesem Areal würden höchstens 15 bis 20 Prozent der Bäume angepackt. Eine bessere Vorstellung von der Größe bekommt man, wenn man sich die zehn Hektar als ungefähr sieben Fußballfelder vorstellt.
Forstfachmann Dirk Bieker: „Es wird hier keine Kahlschläge geben.“
Wir stehen mittendrin und Dirk Bieker zeigt uns Beispiele von Bäumen, die den nächsten Frühling nicht mehr erleben werden, um anderen mehr Raum zu geben. „Wir brauchen hier mehr Stabilität und das erreichen wir nicht, wenn viele dünne Bäume eng nebeneinander stehen.“ Dann habe man oben zwar ein geschlossenes Kronendach, aber der einzelne Baum sei instabil. „Die Krone eines Baumes ist ein Spiegel dafür, wie kräftig das Wurzelwerk ist.“ Und für eine üppige Krone brauche ein Baum nun mal Platz.
Anders als die Bürgerinitiative ist Bieker aus vielen weiteren Gründen der Meinung, dass man den Wald nicht sich selber überlassen kann. „Nehmen wir nur mal die Eichen. Die werden verschwinden, wenn wir hier nicht eingreifen. Sie sind nicht konkurrenzstark.“ Der Forstwissenschaftler hofft, dass die Besucher des Baerler Busches das nachvollziehen können. „Es wird hier keine Kahlschläge geben“, versichert er. Und er zeigt Bereiche, in denen Teile des Kompromisses schon umgesetzt wurden: ein kleines Stück Wald, das unangetastet bleibt und Bereiche, in denen Totholz und Holz aus den Baumkronen liegen gelassen wird.
Die Bürgerinitiative möchte sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zur Wiederaufnahme der Fällungen äußern. Sie will sich zunächst von den Fachleuten des RVR vor Ort zeigen lassen, welche Bäume denn nun genau vorgesehen sind.