Essen. Protestschreiben der Professoren: Verbot der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare diskriminiere diese Menschen und ihre Liebe

Mehr als 200 deutsche Theologen protestieren gegen das vom Vatikan erlassene Segnungsverbot für homosexuelle Paare. Die Erklärung Roms sei „von einem paternalistischen Gestus der Überlegenheit geprägt und diskriminiert homosexuelle Menschen und ihre Lebensentwürfe“, heißt es in einer Stellungnahme, die bisher von mehr als 210 Theologieprofessorinnen und -professoren unterzeichnet wurden. Initiiert hat das Papier eine Arbeitsgruppe an der Universität Münster.

„Von dieser Position distanzieren wir uns entschieden“, heißt es weiter in dem Schreiben. „Wir gehen demgegenüber davon aus, dass das Leben und Lieben gleichgeschlechtlicher Paare vor Gott nicht weniger wert sind als das Leben und Lieben eines jeden anderen Paares.“ Unterzeichnet ist die Stellungnahme auch von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der Universitäten Bochum, Bonn, Dortmund, Duisburg-Essen, Wuppertal und Münster.

Lehramt untergrabe seine eigene Autorität

In vielen Gemeinden würden Priester, Diakone und andere Seelsorger und Seelsorgerinnen homosexuell lebende Menschen anerkennen, auch indem sie Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare anbieten. „Wir begrüßen diese würdigenden Praktiken ausdrücklich“, betonen die Unterzeichner. Die Erklärung der Glaubenskongregation des Vatikans ignoriere wissenschaftliche Erkenntnisse, damit untergrabe das Lehramt seine eigene Autorität.

In der vergangenen Woche hatte die Glaubenskongregation in Rom ein Papier veröffentlicht, in dem sie die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ausschloss. „Sünde“ könne nicht gesegnet werden, hieß es darin. Es sei nicht erlaubt, „Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe“ zwischen Mann und Frau einschließen.

Bischof Overbeck warnt vor "fundamentalistischen Versuchungen"

Viele Katholiken haben auf dieses Segnungsverbot mit großer Enttäuschung reagiert. Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck sprach sich anschließend in einem Brief an die Pfarreien im Bistum Essen für eine „ernsthafte und zutiefst wertschätzende Neubewertung der Homosexualität“ durch die katholische Kirche aus.

Die Erklärung aus Rom habe viele Menschen enttäuscht und verletzt, so Overbeck. Er habe zahlreiche Zuschriften von Seelsorgerinnen und Seelsorgern erhalten, in denen eine offene Ablehnung der Position des Vatikans zum Ausdruck gekommen sei. Overbeck rief in dem Brief die Katholikinnen und Katholiken dazu auf, nicht „fundamentalistischen Versuchungen“ zu erliegen. Die bloße „Wiederholung der bisherigen lehramtlichen Wahrnehmung und Wertung von Homosexualität auf naturrechtlicher Basis“ werde in der Gegenwart nicht mehr verstanden und akzeptiert, machte Overbeck deutlich.

Gitter vor dem Dom gesegnet

Die Vertretung der katholischen Gläubigen im Bistum Aachen rief am Freitag offen zur Missachtung des Verbots auf. In einer Stellungnahme schrieb der Diözesanrat: „Wenn Menschen ihre von Liebe und Verantwortung geprägte Partnerschaft unter Gottes Segen stellen wollen, kann die Kirche den Segen nicht verweigern.“

Der Diözesanrat des Erzbistums Köln erinnerte daran, dass die Kirche im vergangenen Jahr noch ein Gitter um eines der Portale des Kölner Doms gesegnet habe. Aber die Liebe von zwei gleichgeschlechtlichen Menschen könne man nicht segnen, fragte der Vorsitzende Tim Kurzbach in einer Stellungnahme. Gleichgeschlechtliche Paare seien "genauso in der Kirche zuhause wie alle anderen Menschen".