Homberg/Baerl. Hans-Gerd Bosch führt die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Homberg/Ruhrort/Baerl seit zehn Jahren. Der aktuelle Wahlkampf macht ihm Spaß.
Was haben Radfahrer und Lokalpolitiker gemeinsam? Der Wind kommt oft von vorne, im Regen stehen sie auch oft und Ausdauer ist gefordert. Hans-Gerd Bosch ist beides aus Leidenschaft und hat ein fröhliches Naturell. Es stört ihn auch nicht, bei schlechtem Wetter im Sattel zu sitzen. Es sieht oft schlimmer aus als es ist und er hat Freude an der Bewegung.
Seit 20 Jahren schwingt er sich regelmäßig mit vier Freunden für gut eine Woche aufs Rad. 600 bis 700 Kilometer legen sie zurück und setzen im Folgejahr dann ihre Tour am Endpunkt des Vorjahres fort. So sind sie schon in sechs, sieben Etappen nach Rom und nach Santiago de Compostelagelangt. Beides im weiteren Sinn Pilgerreisen, mit Pass und Stempel. Auf dem Jakobsweg, mit 2600 Kilometern war das wohl die längste Tour, sind die Radler dann aber doch lieber in ein Hotel gegangen als in eine spartanische Sammelunterkunft wie einst Hape Kerkeling.
Er ist zwar Protestant, „aber die Konfessionen verbindet eine 1500-jährige Geschichte“, sagt er und sieht auch politisch eher das Verbindende als das Trennende. Inzwischen ist er seit zwei Jahren mit einem E-Bike unterwegs, angetrieben von einem Motor des Marktführers. „Bei meinem Namen ist das Ehrensache“, sagt er mit einem Lachen. In seinem Alter ist es ein Stück Bequemlichkeit. „Dass der Puls beim dritten Hügel auf 150 hochgeht, brauche ich nicht mehr.“
Er sucht immer neue Wege
Der Helm war schon vorher für ihn Pflicht. Als er dann eine Unebenheit übersah, stürzte und sich den Arm brach, war er froh, dass der Kopf geschützt war. „Aber so ein Sturz nagt am Selbstvertrauen. Man denkt immer, man könnte das ausgleichen.“
Seitdem fährt er vorsichtiger. Er ist begeistert von den stillgelegten Bahntrassen und den Freizeitrouten, sucht mit dem Routen-Planer Komoot immer neue Wege für die Wochenendrunde. „Für die Alltagsradler müssen wir noch viel machen. Mit Fahrradstraßen haben wir jetzt begonnen“,
In der Politik ist der 69-Jährige ein Späteinsteiger. 2009 wurde der Baerler in die Bezirksvertetung gewählt, vorher hatte er zwar schon einige Jahre unterschiedliche Ämter inne und ist seit gut 30 Jahren Sozialdemokrat. Aber die klassische Parteikarriere sieht anders aus.
Aber sein Leben verlief ohnehin ungewöhnlich. Aufgewachsen auf einem Bauernhof in Baerl, besuchte er zunächst eine einzügige Volksschule, absolvierte eine landwirtschaftliche Ausbildung, überließ dann die Hofnachfolge seinem drei Jahre jüngeren Bruder Günter, machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann, holte berufsbegleitend mittlere Reife und Abitur nach. Er studiert an der Hochschule für Finanzen in Nordkirchen, wird Finanzbeamter und macht noch an der Fernuni Hagen Abschlüsse als Finanzökonom und Finanzkaufmann. An der Hochschule für öffentliche Verwaltung hat er noch immer einen Lehrauftrag für BWL und Steuerrecht.
Bosch ist ortsverbunden und geschichtlich interessiert. Schon 2006 beauftragte er einen Historiker, eine Familienchronik zu erstellen. Die Wurzeln der Familie reichen bis 1550 zurück, die des elterlichen Hofes sogar noch bis ins 13. Jahrhundert. Schützenkönig zu sein, gehört für ihn zum Dorfleben dazu und es hat ihm viel Freude gemacht. „Was wäre das Dorf ohne das ehrenamtliche Engagement in den Vereinen?“, fragt er. „Hier ist jeder willkommen, ob er frisch nach Baerl gezogen ist oder seine Familie hier schon seit Generationen verwurzelt ist.“
„Jetzt macht es richtig Spaß am Infostand zu stehen, wir haben unsere Ziele erreicht und keine offene Flanke. Da kann man gut mit den Bürgern ins Gespräch kommen“, sagt er selbstbewusst.
Kämpfer für die dörfliche Struktur
Die Mannschaft hat sich deutlich verjüngt. Die Hälfte sind Frauen, wie er betont. Er verweist auf Erfolge bei der Nahversorgung, die Bemühungen um den Baerler Busch und die Bewahrung der dörflichen Struktur in Baerl. Für Homberg nennt er attraktive Wohngebiete an der Halener Straße und der Prinzenstraße und das angestoßene Trajektprojekt, das Homberg an den Rhein bringen soll. „Wir haben vieles angestoßen, was wir fortführen müssen.“
Einwände wiegelt er ab. Thema Sicherheit? „Steine geben keine Sicherheit“, sagt er, hofft auf eine Intensivierung des Streifendienstes und eine Anlaufstelle in der Ladenstadt, wenn die Wache nach Ruhrort verlagert wird. Objektiv sei die Lage besser als subjektiv empfunden. Die Verzögerung bei den weißen Riesen? Bei einem solchen Großprojekt leider verständlich und wegen der Verschärfung der Grenzwerte und der Asbestentsorgung unvermeidlich. Klasse findet er den Bürgerdialog des Quartierbüros. Nur so könne Identität entstehen. „Hochheide braucht wieder Optimismus.“
Bessere Luft im Gewerbegebiet an der Rheindeichstraße
Das Gewerbegebiet an der Rheindeichstraße? Mit der Initiative Hornitexer habe er neulich am Stand diskutiert. Er sieht die Entwicklung positiv: Der Lkw-Verkehr könne direkt auf die Autobahn und die Luft habe sich deutlich gegenüber dem ehemaligen Produktionsbetrieb verbessert.
Vieles ist angestoßen und müsse fortgeführt werden. Er hofft, dass die Wähler diese Leistung honorieren und die SPD wieder mit acht Sitzen in der Bezirksvertretung vertreten ist. So stark ist die Fraktion aber nur durch den Übertritt eines Linken geworden. Bei den Wahlen 2014 und 2009 errangen sie jeweils mit 36 bis 40 Prozent sieben Sitze.
Das ist lange her. Ob sich die SPD im Bezirk wieder als mit Abstand stärkste Kraft behaupten kann, scheint ungewiss und wird sich am 13. September zeigen.